Wir haben einen Freund gefunden

23. Mai 2019

Cem Özdemir vom Koptischen Kloster Brenkhausen angetan – Lob für ZUE Borgentreich
Westfalen-Blatt vom 23. Mai 2019)
Von Jürgen Drüke

B r e n k h a u s e n (WB).

»Hier ist es wie früher bei uns im Ländle. Es geht beschaulich und entspannt zu. Wir sind von Natur umgeben.« Eine Schwäbin, die seit einigen Jahren in Höxter wohnt, schwärmt beim Besuch des Schwaben Cem Özdemir im Koptischen Kloster Brenkhausen über die Region. Der Grünen-Politiker nickt und ist eh schon beeindruckt.

 Seit einer halben Stunde führt ihn der Hausherr durch das Kloster: Bischof Anba Damian zeigt dem Gast aus Berlin, der bis vor einem Jahr (von 2008 bis 2018) Bundesvorsitzender der Grünen war, die Säle, das Bibelmuseum, die Kreuzausstellung und den Gottesdienstraum. »Was hier seit über 25 Jahre geschaffen wurde, ist imponierend. Die Herzlichkeit ist einmalig«, ist der Bundestags abgeordnete der Partei Bündnis 90/Die Grünen angetan.

»Brenkhausen ist ein Ort des Friedens. Politiker, die erschöpft sind, können hier Kraft tanken.« Bischof Damian

Özdemir genießt auch nach der Zeit als Bundesvorsitzender hohes Ansehen. Das wird beim Rundgang durch das in fast drei Jahrzehnten neu erschaffene Kloster deutlich: »Sie sind authentisch und prangern Missstände an«, lobt Ägyptologin Jennifer Peppler, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im Koptischen Kloster Brenkhausen den Besucher.

Der 53-jährige Özdemir, der in Urach in Schwaben geboren wurde, genießt das Lob sichtlich. Als Schwabe Gunter Schmidt-Riedig, der mit seiner Ehefrau Sybille seit einigen Jahren in Höxter lebt, seinem »Landsmann« seine Holzskulpturen zeigt, zeigt der Grünen-Politiker an den Werken des Bildhauers großes Interesse. Özdemir, der sich selbst als »säkularen Muslim« bezeichnet und Vegetarier ist, hat viel zu erzählen. Beim Stichwort Migration in Deutschland zitiert er aus der Bibel: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.« Dann sagt er: »Das Koptische Kloster ist ein offenes Haus für alle. Hier wird Ökumene gelebt.«

Vor seinem Abstecher nach Brenkhausen besuchte der ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments die Zentrale Unterbringungs-Einrichtung (ZUE) für Flüchtlinge in Borgentreich. »Hier wird Verfolgten in schwerster Not geholfen. Bischof Anba Damian und die Malteser leisten in Borgentreich so viel«, lobt der Politiker, der mit einer Argentinierin liiert ist und in den USA geheiratet hat. Die Fotovoltaik-Anlagen auf 13 Dächern in der ZUE Borgentreich sind beim Grünen gut angekommen: »Borgentreich ist eine Solar-Hochburg.«

Zwei Stunden später blickt Bischof Anba Damian beim Rundgang durch das Kloster zurück:
»Als es vor vier Jahren Anschläge auf koptische Kirchen in Ägypten gab, hat sich Cem Özdemir an unsere Seite gestellt. Wir sind vom Berliner Dom zum Brandenburger Tor gezogen. Wir haben einen Unterstützer und Freund gefunden.«

Eine weitere Botschaft Damians nimmt Özdemir gerne mit nach Berlin: »Brenkhausen ist ein Dorf  des Friedens. Politiker, die sich für Demokratie und Menschen einsetzen, können auch einmal erschöpft sein. Hier im Kloster können sie gerne abschalten.« Özdemir ist angetan und hat eine Idee:
»Im Altarraum des Bundestages sollte sich etwas Markantes aus dem Koptischen Kloster Brenkhausen wiederfinden. Das werde ich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vorschlagen.«

»Es war wunderbar mit ihnen u schwätzen«, sagt Schwäbin Sybille zum Schwaben Özdemir beim Abschied. »Anderthalb Stunden sind wie im Flug verflogen«, stellt Özdemir fest und macht sich auf zum nächsten Termin Richtung Bremen.