Vom Hoffnungsträgerund Rettungsanker
Die Ansgar-Vesper in Corvey führt Christen unterschiedlicher Konfessionen im Gedenken an den Heiligen zusammen. Was ein Brigadegeneral a.D. zum Apostel des Nordens sagt.
(© Neue Westfälische vom 07. Februar 2024)
Höxter. „Die Ansgar-Vesper in Corvey ist ein ökumenisches Postulat“: Diesen Standpunkt hat Brigadegeneral a.D. Josef Kowalski, Kirchenvorstand der katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus, in seiner Ansprache zur 20. Auflage dieses besonderen Wortgottesdienstes unterstrichen.
In Kopenhagen gibt es eine katholische und eine evangelische Ansgar-Kirche. In Corvey feiern Gläubige beider großer Kirchen zusammen mit Christen weiterer Konfessionen Jahr für Jahr eine Vesper zu Ehren des Glaubensboten: Der „Apostel des Nordens“ führt die christlichen Kirchen zu Begegnung und Gebet in geschwisterlichem Miteinander zusammen – so wie er es auch in Hamburg tut, dessen erster Bischof er gewesen ist.
Wie in der Elbmetropole, gestalten auch an der Weser in Corvey katholische, evangelische, evangelisch-freikirchliche und orthodoxe Christen alljährlich gemeinsam die Vesper im Gedenken an den Todestag Ansgars am 3. Februar.
Josef Kowalski holte Ansgar in die Mitte der Gemeinde und spürte den Beweggründen dieses Glaubensboten anhand der Stationen seines Lebens nach. Was prägte ihn? Waren es markante Bibelstellen, die er während seiner Studien bereits in Corbie verinnerlicht hatte? Die aus dem Markus-Evangelium zum Beispiel, als Jesus auf Nachfrage eines Schriftgelehrten die Gottes- und Nächstenliebe als die höchsten aller Gebote einordnet. Das Pfingstgeschehen – der vom Heiligen Geist inspirierte Aufbruch der Apostel in alle Welt – habe Ansgar sicher auch beflügelt. Und im Alten Testament habe er vielleicht bei Josua eine Kraftquelle für seine Nordmission gefunden: „Sei mutig und entschlossen! Hab keine Angst! Denn ich, der Herr, dein Gott, stehe dir bei, wohin du auch gehst.“
Anhand seines Lebensweges auch als Missionsbischof für Skandinavien zeichnete Josef Kowalski Charaktereigenschaften des Heiligen nach: Mut, Entschlossenheit, Beharrlichkeit, aber auch Besonnenheit, Klugheit, diplomatisches Geschick, Fingerspitzengefühl, Barmherzigkeit, Empathie. Sein Leben, sein Glaubenszeugnis und sein Kurshalten trotz Unbilden, Widrigkeiten und Gefahren für Leib und Leben mache Ansgar – so auch der Titel der Ansprache – zum „Hoffnungsträger und Rettungsanker in schwierigen Zeiten und in der Not“. Aus dem Wirken und der Persönlichkeit des Glaubensboten leitete der Kirchenvorstand und Corvey-Kenner eine große Impulskraft auch für eine zentrale Aufgabe der Zeit ab. „Wir alle müssen zu Missionarinnen und Missionaren werden.“
Diesen Aufruf richtete er auf ein entscheidendes Anliegen dieser Zeit aus: „Wir müssen verhindern, dass die beiden großen Kirchen als tragende Säulen der Gesellschaft und als Balance in Gefahr geraten.“ Die Kirchen müssten verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und sich um die Jugend bemühen. Denn die junge Generation wende sich nicht mehr der Kirche zu. „Wir müssen umdenken und handeln. Hier und jetzt.“ Das gelte für alle großen Kirchen. „Wir müssen Acht geben, dass es nicht zu einer Entchristlichung kommt.“ Der ökumenische Schulterschluss sei in dieser Situation wichtiger denn je.
In diesem Sinne ging von dem Wortgottesdienst an Ansgars Wirkungsstätte, der Benediktinerabtei und heutigen Unesco-Welterbestätte an der Weser, eine Bestärkung aus. Das Klarinettenquartett der Musikschule Höxter unter der Leitung von Florian Stubenvoll und Sängerinnen und Sänger der Gregorianik-Schola unter der Leitung Hans Hermann Jansen unterstrichen mit der musikalischen Gestaltung die Würde der Feier.