Nieheim bekommt ein Nonnen-Kloster
25. Juli 2023
Die jetzt eingetroffene Äbtissin Axani gilt als eine der renommiertesten Ikonenmalerinnen. Sie will wieder Leben in das Anwesen von Friedrich Wilhelm Weber bringen. Dafür muss sie noch eine Hürde überwinden. Geplant ist auch eine Papst-Residenz.
(© Neue Westfälische vom 19. July 2023)
David Schellenberg
Nieheim. Der Kreis Höxter hat viele Klöster – kaum eines wird noch so genutzt, wie es die Erbauer erdacht haben. Deshalb ist die Entwicklung in Nieheim so besonders: Hier soll im Weberhaus, eine ehemalige Kolping-Bildungsstätte, ein Nonnenkloster entstehen. Und weil der koptische Bischof von Deutschland, Anba Damian, der unweit in Höxter-Brenkhausen residiert, gern etwas größer denkt, soll hier auch eine Papstresidenz entstehen. Eine kleine, aber entscheidende Hürde gibt es noch zu überwinden.
„Man braucht Träume und Pläne“, sagt Bischof Anba Damian und blickt aus dem grünen Innenhof auf das geschichtsträchtige Weberhaus. All das bringen er und seine Mitstreiter mit. Gepaart mit viel Optimismus.
Und das brauchen sie auch, denn die Pläne für das ehemalige Kolpingzentrum sind groß. Die Probleme aber auch, räumt Anba Damian ein. 2018 hatte die Koptische Kirche das gesamte Anwesen gekauft. Danach war immer mal wieder angedacht, dort Flüchtlinge unterzubringen. Damian zeigte sich stets offen für diese Nothilfe. Am Ende fand tatsächlich nur eine ukrainische Mutter mit ihren Kindern für einige Wochen Unterschlupf.
Die Gebäude standen also lange leer. „Das hat ihnen nicht gut getan.“ Vor allem Frostund Wasserschäden an Heizung und in den Wänden sind es, die es jetzt zu beheben gilt. Damian hofft, dass die Arbeiten jetzt endlich gut vorankommen, da endlich wieder Leben einzieht.
„Man braucht Träume und Pläne. Aber auch viel Gottvertrauen.“
Denn mit Äbtissin Axani, die kürzlich aus einem ägyptischen Kloster nach Nieheim gekommen ist, und mit der aus Berlin stammenden Novizin Damiana ist zumindest ein Anfang gemacht. Sie dürfen allerdings, da ist die Koptische Kirche genauso streng traditionell wie die Katholiken, keine Gottesdienste leiten. Deshalb gehört auch Pater Ologius zum kleinen Team des Klosters in Gründung.
Hinter dem kleinen Zusatz verbirgt sich eine weitere Hürde, die noch gemeistert werden muss, wie Damian verrät: Damit die Äbtissin Axani eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung der Ausländerbehörde bekommt, muss sie einen A2-Deutschtest bestehen. Bisher hat sie „nur“ A1 in der Tasche. Also heißt es, neben Beten und Arbeiten aktuell auch Deutsch lernen.
Das kann die Äbtissin mit ihrer Novizin Damiana, die aus Berlin stammt. Umkehrt will die junge Frau die Ikonenmalerei erlernen, für die die Ägypterin in ihrer Kirche berühmt ist. Und zwar nicht nur in kleinen Formaten, sondern auch auf großen Leinwänden. Dafür soll im Obergeschoss sogar ein kleines Atelier eingerichtet werden.
Ansonsten sollen in Nieheim die klösterlichen Grundtugenden gelebt werden: Armut und Keuschheit. Das gilt selbst für das Oberhaupt der koptischen Kirche, Papst Tawadros II, für den im Erdgeschoss eine Residenz eingerichtet werden soll. Ein Arbeitszimmer genau an der Stelle, wo einst der Nieheimer Arzt und Dichter Friedrich Wilhelm Weber praktizierte. Davor ein Büroraum für Sekretariatsarbeit, von dem aus sich eine große Schiebetür direkt in den großen Saal öffnen lässt. „Eine angemessene und würdige Weiternutzung der Räumlichkeiten“, sagt Bischof Anba Damian mit Blick auf die lange und wechselvolle Geschichte. „Optimal“, schiebt er noch hinterher. Denn der Saal ist gerade groß genug, dass alle 15 europäischen Bischöfe hier Platz finden würden, wenn der Papst zur Beratung einlädt. Ebenfalls praktisch: Die große Küche ist gleich nebenan, weshalb der Salon auch als Speisesaal genutzt wird.
In der ersten Etage bekommt der Papst direkt neben der Kapelle ein kleines, ausdrücklich bescheidenes Apartment–gleich drei Türen trennt es vom Nonnentrakt, wo im Moment noch intensiv an der Herrichtung der einzelnen Zellen gearbeitet wird. Auch hier geht es bescheiden zu.
Auch auf dem sehr grünen Innenhof wird gearbeitet. Vier Jugendliche aus Berlin sind gerade da, um mit anzupacken und mal das Klosterleben aus nächster Nähe zu erfahren. Das beginnt bereits um fünf Uhr mit dem ersten Gebet, berichtet Novizin Damiana. Und auch Gottesdienste gehören immer wieder dazu. „Die können schon mal drei Stunden lang sein, denn Pater Ologius hat sehr viel Ausdauer“, sagt Bischof Damian mit einem Augenzwinkern. Er freut sich, dass die für Jugendlichen dennoch das „Kloster auf Zeit“ wagen. Sie haben ihre eigenen Projekte, planen die Umgestaltung des Eingangsbereichs.
„Kloster auf Zeit“ soll ein Angebot sein, das Damian hier in Nieheim gern etablieren möchte. Für Menschen, die mal eine Auszeit brauchen. Ebenso wie ein Klosterlädchen, in dem Produkte verkauft werden, die hier oder in Ägypten entstehen. Ikonen Stickereien, aber auch Marmeladen zählt Anba Damian auf.
Und er träumt davon, das Bettenhaus zu einem medizinischen Bildungszentrum weiterzuentwickeln. Pflegekräfte könnten dort ausgebildet werden, die Ärzte bei der medizinischen Arbeit unterstützten, erzählt er, selbst Arzt. Er weiß, dass das ein langfristiges Projekt ist. „Man braucht Träume“, wiederholt er noch einmal. „Aber auch viel Gottvertrauen
Reliquienschrein statt Orgel
In koptischen Gottesdiensten wird zwar gesungen, aber Orgeln kennen die orthodoxen Christen nicht. Hier werden ausschließlich Schellen und Triangeln verwendet. Deshalb möchte Bischof Anba Damian die kleine, gut erhaltene Orgel der Kapelle gern in eine Gemeinde abgeben, die dafür Verwendung hat. Stattdessen soll in Nieheim ein Reliquienschrein gebaut werden.