Klaus und Esel „Fritz“ auf Kloster-Pilgertour
Der Körbecker Landwirt Klaus Lange und sein Esel pilgern eine Woche durch den Kreis Höxter von Kloster zu Kloster. Nach und nach wird „Fritz“ zu einer kleinen Berühmtheit.
(© Neue Westfälische vom 25./26. Mai 2024)
von Andzelika Kassan
Körbecke. „Klaus darf ein Kind sein. Klaus darf Klaus sein. So wie er ist. Nicht immer perfekt.“ Mit diesen Worten beginnt die außergewöhnliche Reise von Klaus Lange (60) und seinem treuen Begleiter, dem Esel „Fritz“. Seine Kloster-Tour durch den Kreis Höxter sollte nicht nur eine Wanderung, sondern eine spirituelle Erfahrung werden, geprägt von Begegnungen, Geschichten und einem tiefen Verständnis von Leben.
Zum 41. Geburtstag war der Biobauer aus Körbecke vom älteren Bruder mit zwei Gutscheinen überrascht worden: Einen für ein Eis und einen für einen Esel. Der junge Esel stand bereits da. „Er wog gut 35 Kilo und brauchte noch die Flasche“, erinnert sich Lange. Über die Jahre entwickelte sich zwischen Mensch und Tier eine enge Beziehung. Die Verbindung und die Freude an einfachen, aber bedeutungsvollen Momenten trieb ihn jetzt dazu, sich auf besondere Reisen zu begeben.
Die Tour begann Anfang Mai: Vom Hof in Körbecke brachen Lange, „Fritz“ und Klaus Wiederrecht zum Wasserschloss nach Wülmersen auf. Am Ende des Tages warteten im Café 100 Freunde und Bekannte auf Geburtstagskind Klaus, um den 60. zu feiern. Schlaf fand Lange später im Bauwagen auf einer Obstwiese, „Fritz“ auf der Wiesenebenan. „Ich habe mich richtig gut gefühlt“, sagt Lange. „Ein unvergesslicher Start in die Tour“.
Klaus und „Fritz“ wandern weiter nach Helmarshausen, ein kleines Dorf mit einem fast unbekannten Kloster. Dort erfahren sie von der Geschichte des teuersten Buches der Welt, einem kostbaren Evangelium, das jemand für zig Millionen Euro ersteigert hatte. In Bad Karlshafen machen sie einen Stopp in einer Eisdiele. „Wir mussten uns stärken, vor uns lagen 160 Stufen“, erzählt der Körbecker und erkennt, „der Esel kann besser Stufen steigenalsich“.Weitergehteszum Kloster Herstelle. Im dortigen Kloster erleben sie einen äußerst freundlichen Empfang. „Fritz“ läuft direkt ins Gästehaus. „Eine mutige Nonne wollte unbedingt auf dem Esel sitzen“, berichtet Lange. „Fritz“ hat nichts dagegen.
In Herstelle übernachten die beiden bei einem ehemaligen Auszubildenden des Biobauern in dessen Gartenhaus. Es gibt Flammkuchen und Streuselkuchen. „Aus richtigem Sauerteig“, ist Lange begeistert. Der ehemalige Schüler und seine Familie begleiten die beiden weiter bis nach Beverungen. Dort rollt ihnen die Crew des Weserdampfers von Bodo Niemeyer den Teppich aus: „Fritz“ sollte vor der Gitterrampe keine Angst bekommen. „Die Fahrt nach Höxter war auch für die 40 anderen Passagiere ein Highlight“, bemerkt Lange. Die Ankunft wird bei einem Schokoladenkuchen gefeiert, den eine Familie bereitstellt, die Lange bei seiner Hospizarbeit kennengelernt hatte. Gut acht Kilometer weiter endet der Fuß- marsch dann im koptischen Kloster in Brenkhausen. Der Körbecker und sein tierischer Freund werden von der Klostergemeinschaft herzlich begrüßt. „Ein himmlisch schmackhaftesEssenundmorgens Cappuccino ans Bett.“ Der Pilger darf ein Zimmer im Gästehaus gegen eine Klosterzelletauschen(„eingöttlichbequemes Bett“), Esel „Fritz“ sogar auf dem Rasen im Kreuzgang rasten. Die Gastfreundlichkeit der koptischen Gemeinde ist groß. „Bischof Damian freute sich über den aus seiner Sicht hohen Besuch, lächelt der Gast.
In den nächsten Tagen führt die Reise weiter über Kloster Marienmünster nach Steinheim. Wanderfreund Wiederrecht verabschiedet sich, Lange und „Fritz“ nehmen den Zug in Richtung Altenbeken. Auf dem Bahnsteig wartet Nachbar Johannes (9). Mit ihm möchte er die Etappe nach Neuenheerse schaffen.
„Fritz war für sie ein Superstar“
Ob Esel „Fritz“ im Zug mitfahren kann? Alternativ käme ein Freund mit Auto und Anhänger vorbei. Doch sitzen sie schließlich im Zug. „Zunächst war die Schaffnerin nicht begeistert“, schildert Lange. „Alle Mitreisenden standen hinter uns.“Am Ende lacht die Dame: „Der Esel darf bleiben, aber nur, wenn ich ihn fotografieren darf“. Der Lokführer hatte „einen enorm großen Hund“ einsteigen sehen.
Von Altenbeken wandert die Gruppe, der Esel vorneweg, nach Neuenheerse zum Schloss und früheren Damenstift Heerse. Dort treffen sie Pater Thomas. Von ihm hat Klaus schon einiges gehört. „Nur Gutes“, sagt er. Lange erzählt von einem schlichten ,ruhigen ,meditativen und dadurch wundervollen Empfang.
Die letzte Etappe führt am nächsten Morgen nach Hardehausen. Diesmal ist Arnold Altmann dabei. „Ein Bekannter, der zu einem Freund wurde“, freut sich Lange. Sie erreichen die ehemalige Klosteranlage der Zisterziensermönche im Süden der Egge. „Fritz“ übernachtet auf einem Tennisplatz. „Im fremden Stall wollte er nicht schlafen.“ Die Begegnungen mit den zahlreichen Kindern und Jugendlichen und deren Eltern, „sogar aus Argentinien“, die auf dem Gelände im Erzbischöflichen Jugendhaus übernachten, hinterlässt fröhliche Eindrücke. „Fritz war für sie ein Superstar“,erinnertsichLange.Vom Waldinfozentrum Hammerhof soll es mit dem Linienbus zurück nach Körbecke gehen. Kein Problem für den reiseerfahrenen„Fritz“.Mutignimmt erimBusseinenSteh-Platzein. Der Busfahrer zeigt Lange einen Auszug aus den Regeln: „Tiere dürfen kostenlos transportiert werden, solange sie keine Passagiere stören“. Also auch Esel.
„Die Tour war schon besonders“, bilanziert Lange begeistert. „Durch Esel Fritz waren die Menschen, die wir trafen, viel aufgeschlossener und erzählten aus ihrem Leben.“ Der Esel sei ein „Türöffner“. Klaus Lange engagiert sich ehrenamtlich bei der Hospizbewegung und nimmt „Fritz“ häufigmitzuBesuchen.„Menschen in schwierigen Lebensphasen freuen sich besonders“, sagt er. „Oft lächeln sie wieder und ihre Augen leuchten.“ Ein tierischer Begleiter, der die Herzen öffne und Trost spende.
„Letztendlich war die Kloster-Tour für mich eine Einkehr bei mir selbst“, sagt er. Das Wandern habe ihm gezeigt, „wie wertvoll, aber auch begrenzt unsere Zeit ist“. Esel „Fritz“ helfe, das Leben mit anderen Augen zu sehen und zu verstehen, „dass das Wichtigste oft in den kleinen, den unscheinbaren Momenten liegt“.