Hunderte nehmen Abschied von Höxters Ehrenbürger Klaus Töpfer
Berührende Ansprache von Sohn Lutz Töpfer – Trauerzug durch die Innenstadt zum Friedhof Am Wall
(©Westfalen-Blatt vom 24. Juni 2024)
Von Sabine Robrecht
HÖXTER (WB). Als Professor Dr. Klaus Töpfer am Samstag zu Grabe getragen wurde, erwiesen hunderte Trauergäste nicht nur dem Politiker, Visionär und brillanten Denker die letzte Ehre, sondern auch und vor allem dem Menschen.
Denn der ist er immer geblieben. Bundesminister im Kabinett Kohl, Direktor des UNUmweltprogramms, Pionier für Nachhaltigkeit und Klimaschutz und bis zuletzt weltweit ein gefragter Ratgeber: Auf internationalem Parkett war Klaus Töpfer genau wie in Höxter eines: nahbar und in seiner Bodenständigkeit authentisch. Das ist es, was ihn so beliebt machte. Und im Mittelpunkt eines würdigen Trauergottesdienstes stand.
Zu diesem versammelten sich etwa 400 Gäste dort, wo Klaus Töpfer und seine Ehefrau Mechthild vor 59 Jahren geheiratet hatten: in der Nikolaikirche in der Marktstraße. Neben dem von Kränzen flankierten, auf der Altarinsel aufgebahrten Sarg stand ein Porträt des Verstorbenen. Es zeigt ihn so, wie die Menschen in Höxter den im Alter von 85 Jahren verstorbenen Ehrenbürger ihrer Stadt kannten, schätzten und vermissen werden: Er war einer von ihnen. „Nahbar und bescheiden“, sagte eine Höxteranerin. „Deshalb mochten ihn die Menschen so. Das ist es ja auch, worauf es ankommt.“
Mittelloser Flüchtlingsjunge verändert die Welt
Im schönen Höxter, das er so liebte und wo er die Jahre des Unruhestandes mit Ehefrau Mechthild verbrachte, hat der Weltpolitiker nun auch seine letzte Ruhestätte gefunden. Vize-Ministerprä- sidentin Mona Neubaur (Grü- ne) war aus Düsseldorf zum Begräbnis angereist, aus Berlin der stellvertretende CDUBundesvorsitzende, Andreas Jung. Die heimischen Abgeordneten Christian Haase (Bundestag) und Matthias Goeken (Landtag) repräsentierten Töpfers Partei, die CDU, ebenso wie der frühere Europaabgeordnete Elmar Brok und Landrat Michael Stickeln.
Das C in der Partei ist dem Verstorbenen zeitlebens ein Kompass gewesen. Aus tiefem christlichem Glauben speiste er seinen unermüdlichen Einsatz zur Bewahrung der Schöpfung, zu einem solidarischen Miteinander und zu einer globalen nachhaltigen Entwicklung. Diese Grundanliegen seines politischen Lebens sind jetzt Klaus Töpfers Vermächtnis.
Die Familie verliert mit ihm aber auch ihren Ehemann, Vater, Schwiegervater, Großvater und engen Verwandten. Sohn Lutz Töpfer dankte seinem Vater in einer berührenden Ansprache im Namen der Angehörigen für die „gute Zeit, die wir mit ihm verleben durften“. Auch wenn er, weil viel unterwegs, immer bedauert habe, nur wenig Zeit zu haben, sei es doch mehr gewesen, als seine Eltern und sein Bruder hatten. Sie starben, bevor sie 60 waren.
Das große Lebenswerk in den Blick nehmend, fand Sohn Lutz Töpfer zu Herzen gehende Worte: „Unser Vater hat gezeigt, wie ein mittelloser Flüchtlingsjunge die Welt verändern kann und wie viel Kraft in der Mitmenschlichkeit liegt. Ein solches Leben ist stärker als der Tod. Wir tragen dieses Leben in die Welt und wünschen uns, dass sein Optimismus, seine Großherzigkeit, seine Umtriebigkeit und seine Menschlichkeit durch uns wirken.“
Schulfreund Willi Kovermann hält Ansprache
In den Fürbitten, die Angehörige vortrugen, klang die Besorgnis des Verstorbenen angesichts des Klimawandels und des Artensterbens sowie sein beherztes Eintreten für den Naturschutz und ein mitmenschliches Zusammenleben auf dieser Welt an. Zudem wurde daran erinnert, dass Klaus Töpfer und seine Familie 1945 als Flüchtlinge nach Höxter gekommen waren. Nach der Vertreibung aus
Waldenburg (Niederschlesien) haben Hedwig und Paul Töpfer mit ihren Söhnen Klaus und Peter an der Weser eine neue Heimat gefunden.
In dieser Stadt kreuzte sich Klaus Töpfers Weg einige Jahre später mit dem des heutigen Pfarrers i.R. Willi Kovermann aus Dortmund. Im Kö- nig-Wilhelm-Gymnasium Höxter besuchten die beiden in den drei Jahren bis zum Abitur die gleiche Klasse. Und blieben Freude, auch als die Wege sich nach der Schulzeit trennten. So richtete der Geistliche in seiner Ansprache beim Trauergottesdienst den Fokus ganz bewusst nicht in erster Linie auf den Politiker und Vordenker, sondern auf den Freund und früheren Klassenkameraden.
Denn der Verstorbene war „auch einfach Klaus“. Der Klaus, der mit Willi Kovermann Kontakt hielt und ihn „an die unterschiedlichen Orte seines Wirkens“ einlud. Zusammen mit Ehefrau Mechthild Töpfer. Der Geistliche erinnerte an lebendige Begegnungen – an Gesprächsrunden, bei denen nicht ständig, zuweilen aber durchaus auch politisiert wurde. „Seine Sicht war immer konkret, treffend und bereichernd für uns“, schaute Kovermann dankbar zurück.
Klassentreffen waren auch beliebte Anlässe für ein Wiedersehen mit Klaus und Mechthild Töpfer. „Fast hätten wir es in diesem Jahr wieder geschafft“, sagte der Geistliche mit Bedauern.
Dann ließ er den Glauben aufleuchten, von dem Klaus Töpfer zeitlebens geprägt war. Heilsame Begegnungen, Ermutigungen, das Leben anzunehmen, und anderen helfen, dass dies auch gelingt: In diesem Sinne sei Töpfers Nächstenliebe von Herz und Können geprägt gewesen. Persönlich, konkret, gekonnt: So wie der Verstorbene den Glauben gelebt habe, „wäre es wünschenswert für unsere Kirche“.
Pfarrdechant Dr. HansBernd Krismanek hob ebenfalls hervor, dass Töpfers Grundhaltung – das konsequente Eintreten für ein „solidarisches und nachhaltiges Denken und Handeln in Nord und Süd“– auf seinem christlichen Glauben basiere. In ihm habe er sich tief verwurzelt gewusst, wie er es vor einigen Jahren bei den Pfingstfeierlichkeiten auf dem Heiligenberg in einer Predigt deutlich gemacht habe.
Der Glaube sei mit der Hoffnung verbunden, dass der Tod nicht das Ende des menschlichen Daseins bedeute, sondern durch Gott in neues Leben gewandelt werde. Diese tröstlichen Gedanken des Pfarrdechanten begleiteten den Trauerzug, der sich im Anschluss an den auch vom koptisch-orthodo xen Bischof Anba Damian mitgestalteten Gottesdienst durch die Innenstadt in Bewegung setze.
Bewegt begleiteten die Menschen Klaus Töpfer auf seinem letzten Weg durch die Stadt, die er so liebte. Die Schützengilde, der er auch als Ehrenmitglied der vierten Kompanie verbunden war, erwies dem Verstorbenen mit Fahnenabordnungen die letzte Ehre.
Auf dem Friedhof Am Wall liegt der Politiker, Denker und in seiner Herzlichkeit hochgeschätzte Ehrenbürger begraben. In den Herzen der Menschen hat er einen Ehrenplatz.