„Hoffnung gestaltet eine ganze Gesellschaft“
KHWE lädt Bestsellerautor und Ordensmann zu Vortrag nach Brenkhausen ein: Pater Anselm Grün zeigt Wege für ein gutes Miteinander auf.
(©Westfalen-Blatt vom 28. Oktober 2023)
Von Sabine Robrecht
Höxter/brenkhausen(WB). Kann eine 1400 Jahre alte Ordensregel Leitfaden für Führungsstil und Miteinander in Erfolgsunternehmen von heute sein? Ja, sie kann. Deshalb speist Pater Anselm Grün seinen stets gefragten Rat aus der Quelle der Regel des Ordensgründers Benedikt von Nursia.
Wie stark die Impulse Anselm Grüns nachgefragt sind, zeigt sich in den Vorlaufzeiten für einen Termin mit ihm: Wer den charismatischen Benediktinerpater und Bestsellerautor aus der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg einlädt, muss zwei Jahre Wartezeit einkalkulieren. Das hat die KHWE getan. Sie fragte 2021 für einen Vortrag im Rahmen ihres Unternehmenskultur-Prozesses an. Der Termin war jetzt. Und alle, die dabei waren, fanden, dass das Warten sich gelohnt hat.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hospitalvereinigung waren zu dem Abend im Saal der Katholischen Kirchengemeinde Brenkhausen eingeladen. Das mit 140 Teilnehmenden große Interesse freute KHWE-Geschäftsführer Christian Jostes und auch die Referentin für Unternehmenskultur, Barbara Streit.
„Wege zu einem guten Miteinander“ standen im Mittelpunkt dieses besonderen Abends, Anselm Grün zeigte sie auf, nahm Bezug auf große Denker und Kirchenlehrer und führte die Zuhörenden zum Urgrund dessen, was die Botschaft der Christen ausmacht: die bedingungslose Liebe Gottes zu jedem Menschen. „Sie setzt in uns eine Kraft frei.“ Aus ihr erwachse ein positives Zugehen auf andere Menschen.
Dafür sensibilisierte der prominente Gastredner die Zuhörenden mit Bezügen zur Benediktsregel, deren zeitlose Weisheit nicht nur in klösterlichen Kommunitäten, sondern auch in weltlichen Kontexten ihre gemeinschaftsstiftende Tragfähigkeit entfaltet. Benedikt sei es im Miteinander immer wichtig gewesen, den anderen anzunehmen in seinen körperlichen und seelischen Schwächen – und sein Tun aus dieser Akzeptanz heraus zu verstehen statt zu bewerten.
Für den Konfliktfall rät Anselm Grün, vorurteilslos heranzugehen. „Hören, was der andere sagt, und nicht sofort bewerten.“ Und Emotionen nicht verdrängen, sondern ansprechen. „Sonst werden sie sich auswirken und uns voneinander trennen.“ Nicht alle Konflikte ließen sich in der Gemeinschaft lösen. In den Klöstern versammle man sich dann aus dem Problem heraus zum Lobe Gottes. „Dann relativiert sich alles.“
Aber auch Verletzungen gehörten zu jeder Gemeinschaft dazu. An dieser Stelle komme die Vergebung ins Spiel. Sie sei ein therapeutischer Akt der Befreiung, zitierte Grün die Sicht der Psychologen. Vergeben heiße, loszulassen und aus der Opferrolle auszusteigen. Dieses Loslassen könne im Sinne von Hildegard von Bingen „Wunden in Perlen verwandeln“.
„Vergeben kann ich alleine. Versöhnen geht nur gemeinsam“, verwies der Bestsellerautor auf den nächsten Schritt. „Versöhnung heißt, sich auf den anderen einzulassen und ihn zu verstehen.“ Dazu ermutige die positive Grundhaltung aus dem Dreiklang Glaube, Liebe und Hoffnung heraus.
Aus diesem elementaren Leitsatz des ersten Paulusbriefs an die Korinther schöpfen Christen seit jeher Kraft und Zuversicht. Anselm Grün richtete den Fokus auf das letzte Element des Dreiklangs, die Hoffnung. Sie spiele in den Einrichtungen der KHWE eine große Rolle. „Denn die Menschen, die zu Ihnen kommen, hoffen auf Heilung, Hilfe und Zuwendung.“ Umso wichtiger sei, dass auch die Mitarbeitenden in den Häusern Hoffnung ausstrahlen.
Das bedeute nicht, Probleme zu bagatellisieren. Trotzdem könne aus dieser Hoffnung ein Aufbruch erwachsen. Hoffnung schaffe auch innerhalb eines Kollegenkreises eine Verbundenheit. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl sei Basis für ein gutes Miteinander. Und: „Wenn wir diese Hoffnung teilen, gestaltet sie eine ganze Gesellschaft“, richtete Anselm Grün den Blick nach draußen. Und einen beherzten Aufruf an das Publikum: „Strahlen Sie diese Hoffnung aus in Ihren Einrichtungen.“
Der Theologe und Betriebswirtschaftler schreibt dieser zuversichtlichen Grundhaltung aber auch einen unternehmerischen Nutzwert zu: „Hoffnung ist der Keim geglückter Betriebswirtschaft“, betont er. Nur auf Zahlen zu schauen, sei eine Entwürdigung des Menschen, schlug der Bestsellerautor wirtschaftsethische Töne an.
Zum Schluss erschloss er den Zuhörenden in meditativer Atmosphäre eine Kraftquelle in ihrem Innern: Er führte sie zum Grund ihrer Seele. „In dieser Tiefe bin ich frei von allen Erwartungen, frei von Verletzungen und den Selbstvorwürfen meines inneren Kritikers. Hier bin ich eins mit der Schöpfung, eins mit Gott, dem Grund allen Seins, und eins mit den Menschen.“ Diese wohltuenden Worte klingen nach.