Gäste begleiten per Knopfdruck Fluchtreise der Heiligen Familie durch Ägypten

Neue digitale Präsentation im koptischen Kloster Brenkhausen eröffnet – Projekt zu 80 Prozent mit Leader-Mitteln gefördert

Westfalen-Blatt vom 29. Januar 2025)
Von Sabine Robrecht

BRENKHAUSEN (WB). In das reiche spirituelle Erbe Ägyptens führt eine Reise, deren Stationen entlang des Nils den christlichen Glauben seit 2000 Jahren weltweit inspirieren: die Flucht der Heiligen Familie. Im Kloster Brenkhausen wird der Weg jetzt virtuell nachgezeichnet.

Das Land, in das Maria und Josef mit dem kurz zuvor geborenen Jesuskind fliehen – Ägypten –, ist am Ort des digital nachgezeichneten Fluchtweges der Heiligen Familie gegenwärtig. Denn die koptisch-orthodoxe Kirche, deren Heimat das Land am Nil ist, entfaltet seit mehr als 30 Jahren hinter den barocken Klostermauern im Tal Gottes ihr orthodoxes monastisches Leben – begründet von Bischof Anba Damian.

Er übernahm das Kloster 1993 im Zustand einer Bauruine, richtete es mit Gottvertrauen und vielen Helfenden aus aller Welt her und erfüllt es seither mit Seele, Herz, Gastfreundschaft und Weltoffenheit. Tagein, tagaus stehen die Türen des Klosters offen, können Gäste die koptische Liturgie mitfeiern und an der Glaubenskultur dieser zu den ältesten Kirchen der Welt gehörenden christlichen Gemeinschaft teilhaben.

Wandgemälde ist Grundlage

Von ihrer tiefen Spiritualität und auch von der Aura Ägyptens künden koptische ikonische Malereien an den Wänden im Kloster – allesamt aufgebracht mit natürlichen Pigmenten und Bindemitteln. Im Speisesaal fesselt die großformatige Abendmahlszene den Blick des Betrachtenden.

Eines der weiteren Wandgemälde ist der Flucht der Heiligen Familie vor der Bedrohung durch König Herodes gewidmet. Die Künstlerin und Ägyptologin Daniela Rutica hat es 2007 im ersten der vier Museumsräume im Nordflügel aufgebracht. Die Ortsnamen der Stationen entlang des Nils hat sie in den Hieroglyphen der alten Ägypter und auch in koptischer Sprache festgehalten.

Die Theologen Sebastian Plötzgen und Christian Hohmann haben diesen gemalten Reiseweg jetzt „digital zum Leben erweckt“, sagte Landrat Michael Stickeln bei der Eröffnung der zu 80 Prozent aus Leader-Mitteln geförderten Präsentation. In einer ansprechenden multimedialen Projektion erfahren die Gäste von Wundertaten des Jesuskindes an den Stationen der Flucht, die ähnlich wie die Kindheitserzählungen im Lukasevangelium seine spätere Mission vorwegnehmen.

Koptische Überlieferungen

An diesen Schauplätzen entlang des Nils – dort, wo während der Flucht der Heiligen Familie Brunnen mit heilenden Kräften entspringen und Götzenbilder plötzlich einstürzen –, haben bedeutende Kirchen und Klöster ihren Anfang genommen. An diesen heiligen Orten entfaltet sich bis heute eine tiefe Spiritualität. Sebastian Plötzgen und Christian Hohmann haben die Gebetstraditionen zur Illustration der digitalen Reisebegleitung der Heiligen Familie eindrücklich ins Bild gesetzt. Ihre Aufnahmen zeigen nicht nur Kloster- und Kirchengebäude, sondern Menschen, die in deren Innern ihren Glauben leben und Gott preisen. Bei einer Fotoreise vor einigen Monaten entstanden, sollen die Bilder aus Klöstern und Kirchen entlang des Nils dazu einladen, die Fluchtroute der Heiligen Familie nicht nur virtuell in Brenkhausen, sondern auch tatsächlich zu bereisen.

Wer das tut, bewegt sich auf den Spuren koptischer Überlieferungen. Denn in der Bibel wird die Flucht der Heiligen Familie nur in kurzen Passagen im Matthäusevangelium erwähnt. Trotzdem sind die Geschichten über die Reise eng mit den biblischen Erzählungen des alten und neuen Testaments verwoben – erfüllen sich doch immer wieder Prophezeiungen alt- und neutestamentlicher Propheten.

Per Knopfdruck starten Gäste die Reise

Die historische Genauigkeit der überlieferten Flucht-Berichte möge diskutiert werden, räumt die Sprecherin bei der virtuellen Reisebegleitung der Heiligen Familie nach und durch Ägypten ein. Die Erzählungen seien das Ergebnis spiritueller Meditationen über die Bedeutung des Aufenthaltes Jesu im Land am Nil. „Es sind Geschichten, inspiriert vom und über den Glauben und über die besondere Bedeutung Ägyptens in der biblischen Heilsgeschichte.“ Ihre spirituelle Wahrheit und Bedeutung für den Glauben von Generationen von Christinnen und Christen in Ägypten und weltweit seien unbestreitbar.

Diese Glaubenstiefe erschließt das koptisch-orthodoxe Kloster den Menschen mit der neuen Ausstellung. Per Knopfdruck können die Gäste vor dem großen Wandgemälde die Heilige Familie durch Ägypten digital begleiten. Zur deutschen und englischen Sprache kommt demnächst die arabische hinzu.

In weiteren drei Museumsräumen können die Besucherinnen und Besucher zukünftig die koptische Kirche kennenlernen. Sie geht zurück auf das Wirken des Evangelisten Markus, der Mitte des ersten Jahrhunderts nach Ägypten gekommen ist. Diesen Anfängen wird ein Museumsraum gewidmet sein. Bekanntschaft machen die Besuchenden auch mit der Heiligen Demiana, Klostergründerin und Märtyrerin.

Im nächsten Raum stehen Gebete, Gottesdienste, Sakramente und Ikonen als Säulen der koptischen Spiritualität im Mittelpunkt. Auch lernen die Gäste das für die koptische Kirche ganz wesentliche Mönchtum und die Verehrung wichtiger Asketen und Klostergründer kennen. In Ägypten liegen Ursprünge des frühchristlichen Mönchtums.

„Von Bethlehem nach Brenkhausen“: Unter diesem Leitwort erfahren die Besuchenden schließlich, wie sich die koptische Kirche seit ihren Anfängen vor fast 2000 Jahren über den ganzen Globus verbreitet hat.

Auch für Kinder führen Bischof Anba Damian und seine Mitstreiter etwas Lehrreiches und Spannendes im Schilde: Auf dem Klostergelände entsteht ein religionspädagogischer Lernpfad.

Diese vielen Vorhaben stehen im Geist der ökumenischen Geschwisterlichkeit, die Bischof Anba Damian so sehr am Herzen liegt und die Landrat Michael Stickeln in seinem Grußwort zur Ausstellungseröffnung würdigte. „Das koptisch-orthodoxe Kloster in Brenkhausen mit seiner Vielfalt, Toleranz und dem Eintreten für Werte und Tradition ist für mich ein Ort, an dem Menschen miteinander und gemeinsam ihre Ziele erreichen und ihre Visionen und Träume verwirklichen“, betonte er.

Nur gemeinsam kann Integration gelingen

Der Weg der Heiligen Familie nach und durch Ägypten zeige in diesen schwierigen Zeiten, in denen Millionen von Menschen auf der ganzen Welt vor Krieg, Terror, Diskriminierung, Unterdrückung und Rassismus flüchten, „dass Schutz und Sicherheit für Menschen, die um ihr Leben fürchten, eine große Herausforderung und Aufgabe für uns alle sind“. Nur gemeinsam und über die Ländergrenzen hinweg könne Integration gelingen und ein Segen für alle Menschen sein, kam Michael Stickeln mit Bischof Anba Damian überein.