Der Papst hat eine Wohnung in Nieheim

12. April 2025

 St.-Georg-Kloster erwartet Besuch des Kirchenoberhauptes Tawadros II. – Älteste christliche Glaubensgemeinschaft spirituelles Zentrum

Westfalen-Blatt vom 12. April 2025)
Von Ralf Brakemeier

NIEHEIM (WB). Im Empfangsraum steht ein handgefertigter Stuhl für den Papst, private Räume und eine kleine Kapelle stehen zur Verfügung. Das Nieheimer St. Georg Kloster ist bereit für den Besuch des Kirchenoberhauptes im Weberhaus.

Am 1. Mai wird Bischof Damian Papst Tawadros II., das Oberhaupt aller koptischen Christen weltweit, in Bukarest treffen. Dort wird es dann auch um einen Besuch im Kreis Höxter gehen. Bischof Anba Damian ist der Vertreter der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland. Seit mehr als 30 Jahren kümmert er sich von Brenkhausen aus um den Aufbau der koptischen Kirche in Deutschland.

Seit einigen Jahren hat die koptische Kirche das Nieheimer Weberhaus und die angeschlossene ehemalige Kolping-Bildungsstätte übernommen. Im Haupthaus sind inzwischen Räumlichkeiten für einen Papstbesuch fertig eingerichtet. Möbel wurden eigens für den Papst in Ägypten, dem Zentrum der Kopten weltweit, gefertigt und nach Nieheim gebracht.

Tawadros II. ist 2012 per Losentscheid zum 118. Papst der koptischen Christen weltweit gewählt worden, ein Jahr später folgte sein erster Besuch in Deutschland, bei dem er auch das Kloster in Brenkhausen eingeweiht hat. Seit dieser Zeit wurde immer wieder über einen weiteren Besuch im Kreis Höxter spekuliert, nun könnte es in diesem Jahr so weit sein. Auch das immer noch recht neue Nonnenkloster St. Georg in Nieheim könnte zu diesem Anlass geweiht werden.

Hier wirkt Äbtissin Aksani, die Bischof Damian seinerzeit von ihrem Heimatkloster im Süden Kairos für die schwierige Aufgabe, in Deutschland ein neues koptisches Nonnenkloster aufzubauen, gewinnen konnte. Ihr zur Seite steht Schwester Damiana als Novizin und seit einigen Wochen eine junge Schwedin, die aus Stockholm als Anwärterin auf ein Noviziat nach Nieheim gereist ist.

Das, wie so viele andere positive Entwicklungen im Nonnenkloster, habe natürlich Äbtissin Aksani zu verantworten, ist Bischof Damian weiter sehr glücklich über seine Wahl. Mit mehr als 200 Schwestern war Aksani an verantwortlicher Stelle in einem der ältesten Klöster Ägyptens tätig. Hier war sie vor allem für das Schreiben (wie die Gestaltung der typisch orthodoxen Heiligendarstellungen genannt wird) der kunstvollen Ikonen zuständig. Das St. Georg Kloster in Kairo, geweiht nach dem Heiligen, der in der orthodoxen Kirche als Märtyrer verehrt wird, gab auch dem kleinen Kloster in Nieheim seinen Namen.

Ihre Meisterschaft in der Ikonenschreiberei gibt die bescheidene Ordensfrau auch in Nieheim an ihre Novizin und interessierte Nieheimer Frauen weiter. Überhaupt ist die Integration des Klosters im ehemaligen Weberhaus in Nieheim eines der wichtigsten Anliegen von Bischof Damian. Kürzlich wurde deshalb ein Tag der offenen Tür durchgeführt, Gäste seien aber immer willkommen, so Anba Damian.

Hier treffen sie auf eine Äbtissin, die nicht nur in Rekordzeit ihr Deutsch-Zertifikat (B1) erworben hat, sondern die ganz in ihrem Dienst am Nächsten aufgeht. „Für Aksani kommen die Mitmenschen immer an erster Stelle. Sie hat einfach Freude am Dienen, steht morgens um 5 Uhr auf, damit alle im Kloster nach dem Gottesdienst gutes Essen haben“, schwärmt Bischof Damian.

Nicht nur jetzt in der Fastenzeit wird sich im Kloster Nieheim weitgehend vegetarisch und auch vegan ernährt. „Das kommt aus unserer Kultur und aus unserer Heimat Ägypten. Dort kostet Fleisch ähnlich viel, wie in Deutschland, obwohl der Durchschnittsverdienst weniger als zehn Prozent beträgt“, so Damian. Frische, natürliche Zutaten für typisch ägyptische Gerichte kauft die Äbtissin unter anderem extra in Paderborn ein.

In Nieheim kümmert sie sich mit ihren Helferinnen um unbegleitete Flüchtlingskinder. Auch Jugendliche mit Problemen aus anderen koptischen Gemeinden, oft aus Großstädten wie Hamburg, Berlin, Hannover oder Bielefeld, kommen zur Besinnung in den Kreis Höxter. „Um die jungen Mädchen kümmert sich Aksani aufopferungsund liebevoll, viele wollen gar nicht mehr weg aus Nieheim“, lächelt der Bischof aus Brenkhausen, der hier hilfsbedürftige männliche Jugendliche betreut.

Das Ziel: Frieden im Herzen

„Die jungen Menschen kommen mit ihren Sorgen, und verlassen das Kloster mit Frieden im Herzen“, erzählt Damian von der Aufgabe, der sich beide Klöster in Nieheim und Brenkhausen stellen. Der Glaube, den die koptischen Mönche und Nonnen in freiwilliger Armut und in Gehorsamkeit zölibatär leben, steht aber dennoch im Mittelpunkt. Im Nonnenkloster hält daher Spiritual Ologius täglich Gottesdienste mit bis zu 25 Teilnehmenden in der neu gestalteten Kapelle ab.

Nach und nach versuchen die neuen Besitzer, das Weberhaus und die Seminarhäuser wieder auf Vordermann zu bringen. Nicht nur

für Bürgermeister Johannes Schlütz, auch für Bischof Damian ist dabei größtmögliche Transparenz Voraussetzung. Immer wieder sind Studierende in Nieheim zu Gast. Für den 1. Juni hat sich eine spirituelle Reisegruppe aus Göttingen angemeldet. Nach und nach, so der Plan der gläubigen Christen, soll das Kloster erwachen.

Bischof Damian setzt auf Gottvertrauen.

Bischof Anba Damian: „Wir wollen uns nicht isolieren, sondern mit Herzlichkeit und Wärme eine Brücke zu allen Menschen, auch aus anderen Religionen, bauen.“ Und dafür brauche es vor allem eines: Gottvertrauen

Die koptische Kirche

Nach eigenem Verständnis ist die koptische Kirche vielleicht die älteste christliche Gemeinschaft. Sie soll schon im ersten Jahrhundert nach Christus gegründet worden sein. Gründervater war demnach Evangelist Markus, der in Alexandrien den Glauben verkündete, erster Bischof der Glaubensgemeinschaft wurde und im Jahr 68 als Märtyrer starb. Seither ist Ägypten das Zentrum der Kopten, von denen es weltweit mehrere Millionen gibt. Die Religion ist stark vom Märtyrer- und Mönchtum geprägt. Ursprünglich bezeichnet das Wort Kopte Menschen, die in Ägypten leben. Seit der Blütezeit des Islam werden nur noch die ägyptischen Christen so bezeichnet.

Die koptische Kirche

Nach eigenem Verständnis ist die koptische Kirche vielleicht die älteste christliche Gemeinschaft. Sie soll schon im ersten Jahrhundert nach Christus gegründet worden sein. Gründervater war demnach Evangelist Markus, der in Alexandrien den Glauben verkündete, erster Bischof der Glaubensgemeinschaft wurde und im Jahr 68 als Märtyrer starb. Seither ist Ägypten das Zentrum der Kopten, von denen es weltweit mehrere Millionen gibt. Die Religion ist stark vom Märtyrer- und Mönchtum geprägt. Ursprünglich bezeichnet das Wort Kopte Menschen, die in Ägypten leben. Seit der Blütezeit des Islam werden nur noch die ägyptischen Christen so bezeichnet.

Koptische Liederbuch auf Deutsch

Andrew Soliman hat vor drei Jahren am Gymnasium Steinheim sein Abitur abgelegt. Sein Vater, der ägyptische Arzt Dr. Amir Soliman aus Steinheim, hatte sich ein Jahr zuvor von Bischof Damian zum koptischen Priester weihen lassen. Als Mitglied der koptischen Gemeinde Bielefeld hat Andrew nun ein Büchlein mit spirituellen Liedern für Jugendliche herausgegeben. Dabei wurden die arabischen Texte nicht einfach ins Deutsche übersetzt, sondern so übertragen und verändert, dass sie sich zur Original Musik singen lassen. Bischof Damian ist begeistert vom Weg seiner Kirche zu einer universalen Kirche. Singen sei ein wichtiger Ausdruck des Dankens und des Verkündens.