Das ist der Wert der Ökumene

Ratsvorsitzende Annette Kurschus hält der Festpredigt der Corveyer Ansgarvesper. Kirchenvorstand Josef Risse erhält die erste Corveyer Ehrenmedaille. Der Laudator ist ein bekanntes Gesicht in Corvey.
Neue Westfälische vom 07. Februar 2023)
Burkhard Battran

Höxter. Die Corveyer Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus ist eine sehr strenge Kirchengemeinde. Als Hüter des Weltkulturerbes Kloster Corvey und einer 1.200-jährigen christlichen Kirchengeschichte fühlt sich auch die Gemeinde dieser besonderen Tradition verbunden. In der Abteikirche zu klatschen, ist deshalb eigentlich verpönt. Nicht nach hochkarätigen Musikaufführungen und auch nicht nach bewegenden Predigten. Bei der traditionellen ökumenischen Ansgarvesper brandete dennoch in der übervollen Abteikirche spontaner Applaus auf für die Predigt von Annette Kurschus (58), Präses der Evangelischen Landeskirche von Westfalen und seit November auch Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die EKD-Ratsvorsitzende aus Bielefeld, hat die Festpredigt der ökumenischen Ansgarvesper im Weltkulturerbe der Corveyer Klosterkirche gehalten.

Es handelte sich um eine besondere Vesper in einem besonderen Jahr. Corvey feiert das 1.200-jährige Jubiläum der Neugründung des Klosters Corvey mit besonderer kaiserlicher Immunität und freier Abtswahl. Corvey stieg so zum wichtigsten geistlichen Zentrums Nordeuropas auf. Die Fürstliche Bibliothek der ehemaligen Benediktinerabtei umfasst mehr als 70.000 Bände und ist eine der kostbarsten und größten Privatbibliotheken Deutschlands. Den Grundstock dieser Bibliothek haben die Corveyer Mönche mit ihren handschriftlichen Bibelwerken gelegt. Die Ratsvorsitzende Kurschus würdigte die herausragende Kulturleistung, die die Corveyer Bibliothek bis heute darstelle. „Hier erleben wir, wie die Heilige Schrift seit 1.200 Jahren Orientierung gibt, gerade auch heute leben wir in einer Zeit, in der die Suche nach Orientierung groß ist“, sagte Kurschus. Die Gründung Corveys geht maßgeblich auf den heiligen Ansgar zurück, der 822 aus dem französischen Corbie stammend bei Höxter das Kloster Corbeia Nova gründete, aus dem die Reichsabtei Corvey entstand.

Die ökumenische Vesper wurde von Diözesanadministrator Michael Bredeck und und dem koptischen Generalbischof in Deutschland, Anba Damian, mitgestaltet. Seit 2004 wird die Vesper zum Gedenktag des heiligen Ansgar am Sonntag nach dem 3. Februar gefeiert. Auch die Superintendentin des Kirchkreises Holzminden Bodenwerder sowie des Kirchenkreises Paderborn, Volker Neuhoff, nahmen an der Gedenkfeier teil.

Im Anschluss an die Vesper wurde im Gemeindezentrum der Höxteraner evangelischen Weser-Nethe-Kirchengemeinde erstmals die anlässlich des 1.200-jährigen Bestehens der Abtei Corvey geprägte Ehrenmedaille verliehen. „Sie ist gewissermaßen das Corveyer Verdienstkreuz“, sagte Kirchenvorstand Josef Kowalski. Erster Preisträger der Auszeichnung ist der ehemalige Kirchenvorstand Josef Risse (82), der 18 Jahre lang ab dem Jahr 2000 die Geschäfte der Corveyer Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus geführt hatte. Mit gerade mal 200 Mitgliedern ist es die kleinste Gemeinde im gesamten Erzbistum, die gleichzeitig eine der größten Aufgaben zu bewältigen hat. Die Corveyer Gemeinde ist die offizielle Eigentümerin des karolingischen Westwerks, des Corveyer Weltkulturerbes. Josef Risse habe nicht nur die Bewerbung Corveys zum Weltkulturerbe mit großem Engagement mitgetragen und zum Erfolg geführt, sondern auch die Sanierung der Corveyer Barockorgel zu einem guten Abschluss bringen können, betonte der frühere Pfarrdechant Andreas Kurte, der über viel Jahre eng mit Josef Risse zusammengearbeitet hat. „Josef Risse hat sich um alle die komplexen weltlichen Fragen gekümmert und uns Geistlichen immer den Rücken frei gehalten“, sagte Kurte in seiner Laudatio.

Josef Kowalski, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstandes und Amtsnachfolger von Josef Risse, verglich den Geehrten mit dem heiligen Ansgar. „Wie auch Ansgar ist Josef Risse in seinem Einsatz für Corvey ein Überzeugungstäter des Glaubens“, sagte Kowalski. Josef Risse selbst sagte, dass ihm der Einsatz für Corvey immer viel Spaß gemacht habe, auch wenn die Aufgaben schwierig und die Beteiligten nicht immer leicht im Umgang waren. „Meine Eltern sind in Corvey getraut worden, meine Frau Gisela und ich wurden hier getraut – und auch unsere Kinder. Wir sind einfach alle sehr eng mit diesem Ort verbunden.“