Bischof als Manager und Gastronom

„Menschen 2022“: Anba Damians Jahresbilanz – Menschen suchen in Krisenzeiten Gespräche und das Gebet
Westfalen-Blatt vom 01.12.2022)
Michael Robrecht

HÖXTER/BRENKHAUSEN (WB). Nicht jede Stadt kann behaupten, einen Bischof vor Ort zu haben. Höxter schon. Das Dorf Brenkhausen, bereits vor Jahrhunderten das Tal Gottes genannt und dieses Jahr 1200 Jahre alt, liegt vier Kilometer von der Kreisstadt entfernt und beherbergt nächstes Jahr seit 30 Jahren ein koptisches Kloster. Einst Heimat von Zisterzienserinnen und Benediktinerinnen, haben nun die koptischen Christen aus Ägypten mit ihrem langjährigen Abt, der seit 1995 Bischof ist, das monastische Erbe übernommen und das Kloster bundesweit bekannt gemacht. Bischof Anba Damian aus Kairo (Jahrgang 1955) wirkt als Diözesanbischof von Norddeutschland und gilt als engagierter Vertreter der Koptisch-Orthodoxen Kirche.

Kloster ist immer gastfreundlich

Damian ist eine außergewöhnliche Erscheinung und stets gut gelaunt sowie immer gastfreundlich. Wenn es sein Tagesablauf zulässt, läuft er sehr gerne auf den Wanderwegen rund um das Kloster bei Höxter. Er liebt die Natur und genießt die Ruhe. Auch auf dem Gelände der Abtei spürt man die große Verbundenheit zur Natur. Jetzt schon eine grüne Oase, wird es bald einen neu angelegten Klostergarten mit einer Streuobstwiese geben. Damian freut sich auf die Landesgartenschau und kündigt seine Mitarbeit 2023 an. „Wir halten unsere Tore für die LGS-Besucher offen und sind beim Schöpfungsgarten der Religionsgemeinschaften auf der Gartenschau mit dabei“, kündigt er in seiner Jahresvorschau an. Den eigenen Klostergarten in Brenkhausen wolle er als Ort präsentieren, der gastfreundlich sei. LGS-Gäste könnten im Kloster oder im Hotel gegenüber übernachten.
Der Umbau des Klostergartens sei so schön geworden, schwärmt Anba Damian. Die ersten selbst gezogenen Sonnenblumen habe er im Sommer persönlich in Höxter an Bürgermeister und Baudezernentin überreicht . Der Bischof ist nicht nur Kloster-Unternehmer, sondern auch „Gastronom“. Das zum Kloster gehörende St.-Markus- Gästehaus mit über 30 Betten und das Restaurant laufen gut. “Wir haben einen Top-Koch, eine kreative Managerin und verlässliches Servicepersonal aus dem Ort“, schildert der Bischof. Die Preise seien nicht so hoch, denn er wolle die Menschen „verwöhnen“. Das komme gut an, besonders am Wochenende sei die Gastronomie voll. Auch Besuchergruppen im Kloster würden das Essen vom Restaurant beziehen – das entlaste das Klosterpersonal und ihn selbst sehr. Doch er habe für 2023 einen Wunsch: „Ich möchte jemanden als Verantwortlichen für das Hotel anstellen, um wieder mehr Zeit für die geistlichen Dinge und die Gläubigen zu bekommen“, hofft Damian, dass sich erfahrene Bewerber für den Job in Brenkhausen finden. „Ein Bischof kann ja auf Dauer nur schlecht jeden Tag Gastwirt sein“, scherzt er.

Ukrainische Flüchtlinge finden hier Aufnahme

Zum Bischofs-Engagement zählt auch das Kümmern um die Flüchtlingsunterkunft in Borgentreich, um Liegenschaften wie das Weber-Haus Nieheim oder im Harz sowie das Gemeindezentrum in Berlin und auch die vielen koptische n Gemeinden bundesweit. Gespräche und Kontakte zu Politik, Kirchen und Gesellschaft pflege er viele. Das alles sei ein Fulltime-Job. Im Kloster Brenkhausen, das nach gut 30 Jahren Umbaumaßnahmen fast durchsaniert ist, empfängt der Bischof pro Jahre Gruppen wie Bundeswehr-Seminarteilnehmer aus Fassberg, Höxter und Holzminden, Reisegruppen, Pilger, Studenten und auch Frauen und Männern, die als Einzelbesucher besonders Zuspruch und Fürsprache benötigen. „Immer mehr Klostergäste wollen auch einfach nur Zeit für das Gebet, für etwas mehr Nachdenken und für die Bewältigung von Krisen“, sagt Damian.
Ukraine-Flüchtlinge seien dieses Jahr sehr viele gekommen. Es gebe aus dem Kloster auch viele Kontakte in die Ukraine, so zu einem Chor in Kiew, dessen Sänger vor Jahren einmal während einer Konzertreise lange in Brenkhausen gewohnt hätten. Die Menschen hätten in Krisenzeiten große Sehnsucht nach Gebet. Diesen Halt und Spiritualität könne das Kloster Brenkhausen Deutschen und Ukrainern gerade dieses Jahr anbieten. „Es gibt hier mehr als Ausstellungen und Veranstaltungen“, so der Bischof.
2022/23 richtet Damian nicht nur wegen der klösterlichen historischen Beziehung von Brenkhausen den Blick auf das 1200 Jahre alte Corvey. „Corvey ist ein unbeschreiblicher Ort für einen Christen. Ich bin einmal zu später Stunde nachts mit dem aus Ägypten nach Höxter gereisten koptischen Papst um die alte Abtei Corvey gewandert. Das war für uns beide ein bis heute nachhaltig bleibender, besonders bewegender Moment“, gesteht Damian.
Zu Weihnachten beherbergt das Kloster, das inzwischen viele umgebaute Räume für einen ganzen Bus voller Menschen vorhält, bis zu 20 Gäste. Eine ältere Dame habe die Tage bei ihm angerufen und bedauert, dass ihre Kinder Weihnachten für sie keine Zeit hätten. „Die Frau kommt jetzt zu uns ins Kloster, und wir gehen mit den anderen Hausgästen zur Christmette in die katholische Pfarrkirche nebenan“, erzählt Anba Damian. Am koptischen Weihnachtsfest vom 6. auf den 7. Januar kämen sehr viele Gläubige zum Mitternachtsgottesdienst mit Feier in den 100 Plätze bietenden Saal mit Kamin. Über einen Mangel an Gläubigen bei Gottesdiensten brauche er sich im ganzen Jahr nicht beklagen, sagt Damian. Auch Kinder seien hier im Gottesdienst willkommen. Einen Schwund wie bei den großen Kirchen erlebe er nicht.
Verfolgte, Gehandicapte und Menschen in Not: „Für all die will ich mehr Plätze im Kloster vorhalten“, unterstreicht Bischof Damian. Mit Freude habe er 2022 Dankbarkeit und ein gutes Miteinander erlebt. Wie von einer Gruppe, die Kaffee und Kuchen im Kloster geschenkt bekommen und sich als Dank spontan überlegt habe, in diesem Winter die marode Außenbestuhlung „mal eben“ zu renovieren.
Damian, studierter Facharzt für Radiologie und seit 1991 Mönch, legt in seiner Arbeit als Generalbischof außerordentlichen Wert auf die Arbeit und Integration innerhalb der Ökumene der christlichen Kirchen. Damian ist im Kloster Brenkhausen und auf seinen Reisen immer im Habit des orthodoxen Mönches mit langem grauweißem Bart anzutreffen.
Was er sich für 2023 Wichtiges wünscht? Der Bischof steckt wie immer voller Pläne. Umgestaltung des Klosterinnenhofes für Open-Air-Gottesdienste, Fertigstellung des barocken Klosterkellers für Feiern, einen Aufzug zur Herstellung der Barrierefreiheit für gehbehinderte Besucher im Kloster, viele Gläubige und die Verwirklichung einer neuen kleinen Grotte. Und: Studenten der Uni Hildesheim planen die professionelle Restaurierung von zwei Heiligenportalfiguren mit Promotionsarbeit.

Vom Präsidenten bis zum Einzelpilger

Bundespräsidenten, Minister, kirchliche Repräsentanten, Vertreter aus allen Schichten: Sie kommen ins gastfreundliche Kloster Brenkhausen. 2022 gab es ganz still auch eine Synode der orthodoxen syrischen, koptischen und armenischen Bischöfe und Erzbischöfe in Brenkhausen, die ein Komitee zur Vertretung der Orthodoxie bei der EU in Brüssel gegründet haben. So quirligaktiv solle es weiter gehen, wünscht sich der Bischof. Er ist jetzt 67 Jahre alt und an Ruhestand denkt er noch lange nicht. Er werde für immer in Brenkhausen bleiben, sagt er zum Abschied.