Koptisch-orthodoxe Christen in Ägypten

Nachfahren der Pharaonen in der Tradition des Evangelisten Markus
(Verfasser: Dr. Winfrid Ashoff vom 07.06.2011.)

I. Wer sind die Kopten?

Die Kopten bezeichnen sich als Nachfahren der Pharaonen, der alten Ägypter. Tatsächlich haben sie sich – nicht wie andere Ägypter – mit in Ägypten heimisch gewordenen arabischen Moslems vermischt, sondern heiraten noch immer i. d. R. nur untereinander. Der Begriff „Kopte“ ist vom griechischen Wort „aeguptos“ abgeleitet, was wiederum auf das altägyptische Wort „Het-Ka-Ptah“ zurückgeführt wird und „Haus des Geistes von Ptah“ bedeutet. Bei Ptah handelt es sich um eine Gottheit in der ägyptischen Mythologie, einen Schöpfergott, der mit der 3. Dynastie um 2600 v. C. zum Reichsgott in der Residenzstadt Memphis wurde.

Seit der arabischen Eroberung im Jahr 642 (Fall von Alexandria) bis heute wird der Ausdruck „Kopte“ nur auf die ägyptischen Christen bezogen, wodurch diese abgegrenzt werden von den einheimischen Moslems.

II. Ägypten in der Heiligen Schrift

Ägypten wird in der Bibel oft zitiert als Symbolort für die Liebe Gottes zu seinem Volk. Das Land war Zufluchtsstätte für viele Menschen

  • Abraham besuchte Ägypten (Gen 12,10),
  • Josef, von seinen Brüdern als Sklave verkauft (Gen 37,28), stieg in Ägypten auf zum 2. Mann nach dem Pharao (Gen 41,40). Er versorgte die Nachbarländer mit Korn (Gen 41,57),
  • Jakob (=Vater von Josef) und seine Söhne kamen später nach Ägypten (Gen 46,26 f.),
  • Ägypten war Geburtsort und Schule für das wachsende Volk der Israeliten nach Jakobs Tod in Ägypten. Ihre Führer wurden Moses und sein Bruder Aaron, die das Volk Gottes aus Ägypten hinausführten (Ex 12,31ff.),
  • Der Prophet Jeremia (627-587 C.) wurde gezwungen, nach Ägypten zu gehen (Jer 43, 4 bis 7).
  • Hier prophezeit er, dass der babylonische König Nebukadnezar kommen und Ägypten besiegen werde (Jer 43,10 bis 13 sowie 46,13ff.).
  • Der Prophet Hosea sagte voraus, dass Gott seinen Sohn (Jesus) aus Ägypten rufen werde (Hos 11,1).
  • Diese Prophezeiung erfüllte sich, als die Heilige Familie (Maria, Josef, Jesuskind) vor König Herodes aus Israel nach Ägypten fliehen musste und später heimkehrte (Mt 2,13 bis 15).
  • Der Aufenthalt des Jesuskindes in Ägypten gilt für die koptische Kirche quasi als „Gründungsurkunde“. Die Hl. Familie soll einen Monat lang in der (heutigen) St.Sergius-/Abu Saga-Kirche in der Medina von Kairo gelebt haben. Den Aufenthalt und die Heimkehr interpretieren die Kopten heute so: Jesus Christus kam während seiner Kindheit nach Ägypten, um hier den Grundstein seiner Kirche zu legen.

III. Der Lebenslauf des heiligen Evangelisten Markus

Der Heilige Markus ist nach dem Selbstverständnis der Kopten, aber auch nach allgemein-christlichem Verstehen, der Gründer der Kirche von Alexandrien im Jahr 61 n. C. Bevor er nach Ägypten kam, soll er in Byblos/Libanon die erste christliche Gemeinde gegründet haben mit dem Bau einer kleinen Kapelle. Markus war – nach koptischer Version – Afrikaner von jüdischen Eltern. Demgegenüber wird in einem katholischen Heiligenbuch (Kath. Verlag des Borromäusvereins Bonn, 1978) und in der Einheits-Bibel betont, er sei in Jerusalem als Johannes Markus geboren worden. Im Haus seiner Mutter Maria in Jerusalem versammelte sich die junge Christengemeinde. Die Kopten sehen in diesem Haus die erste christliche Kirche der Welt. Nach ihrem Glauben erschien der Herr in diesem Haus seinen Jüngern nach der Auferstehung und der Heilige Geist kam dort am Pfingsttag auf sie herab. Markus soll beim 1. Pfingstfest der Christengemeinde durch die Predigt des hl. Petrus bekehrt worden sein. Er gehörte vielleicht zu den 72 Jüngern, von deren Aussendung das Lukasevangelium berichtet (Lk 10,10). Er begleitete auf Missionsreisen seinen Verwandten (=Vetter) Barnabas sowie den hl. Paulus und später den Apostel Petrus.

Nach koptischer Version predigte Markus in Ägypten, Pentapolis (=5-Städte-Land zwischen Rimini und Ancona), Judea, Kleinasien und Italien. Während dieser Zeit ordinierte er Bischöfe, Priester und Diakone. Er gründete – so die Kopten – die Schule von Alexandrien, die den Glauben gegen die heidnische Philosophenschule in dieser Stadt verteidigte und eine große Anzahl von Kirchenvätern hervorbrachte.

Der hl. Markus schrieb nach koptischem Verständnis die erste Liturgie zur Eucharistie, die später durch den hl. Kyrillus modifiziert wurde (Liturgie des hl. Kyrillus).

Inspiriert vom Heiligen Geist schrieb Markus – vermutlich zwischen 55 und 59 n. C. in Rom – das nach ihm benannte Evangelium, das weder die Kindheitsgeschichte Jesu, noch die Bergpredigt enthält und mit dem Auftreten des Bußpredigers Johannes beginnt.

Markus fand als Bischof von Alexandria um 61 n. C. bei der Feier des Osterfestes in dieser Stadt den Märtyrertod.

Die Kopten berichten davon, dass er von Heiden an einem Seil durch die Straßen der Stadt gezogen, dann ins Gefängnis geworfen wurde, wo ihn eine Engelvision getröstet haben soll. Am nächsten Tag wurde er wieder durch die Stadt geschleift, bis er starb. Gott habe – so erzählen die Kopten – den Leichnam vor Verbrennung geschützt. Christen hätten ihn dann unter den Altar einer Kirche gelegt, die Markus in Alexandria selbst gebaut hatte.

In nicht-koptischen, christlichen Berichten heißt es sodann, die Reliquien wurden 815 n. C. „auf abenteuerliche Weise“ von Alexandrien nach Venedig verbracht. Die Kopten sagen dagegen, der Kopf sei in der Kirche von Alexandrien verblieben und der Körper sei von den Venezianern, die damals den östlichen Mittelmeerraum beherrschten, gestohlen worden.

Tatsache ist, dass zu jener Zeit in Venedig der Doge Giustinian Partecipazio sofort nach Ankunft des Leichnams ein Heiligtum baute – Vorgänger des heutigen Doms -, das 832 n. C. geweiht wurde und den Leichnam aufnahm. Venedig nannte sich von dieser Zeit an die Republik von San Marco.

Am 9.2.2009 wurde ich – der Referent – im koptischen Kloster des Paulus von Theben (Pauluskloster), gelegen in der Gebirgswüste (Wadi Deir) im östlichen Ägypten am Roten Meer (Golf von Suez), vom Klosterabt Benyamin zu einem Behältnis mit echten Armreliquien des hl. Markus geführt. Dabei hörte ich – was wenig bekannt ist -, dass (der röm.- kath.) Papst Paul VI nach dem 2. Vatikanischen Konzil, im Jahr 1968, dem damaligen koptischen Papst Kyrillus VI, quasi als Teil-Wiedergutmachung für den Raub der Venezianer von 815, eine Kopf- und eine Armreliquie aus dem Reliquiar des Markusdoms in Venedig an die koptische Kirche zurückgegeben hat. Die Kopfreliquie wird seither in der neuen koptischen Kathedrale (von 1968) in Kairo, die Armreliquie im Pauluskloster aufbewahrt, dass – neben dem etwas nördlicher gelegenen Antoniuskloster – das älteste Kloster der Christenheit ist (aus dem 4. Jh.).

IV. Was ist orthodox? (Charakteristika)

Die Bezeichnung „orthodox“ meint wörtlich „rechte Lehre“ oder „rechter Kultus“ (im Sinn von rechtgläubig) und ist abgeleitet von den beiden griechischen Wörtern „orthos“ (für: richtig) und „doxa“ (in der Bedeutung von Lehre oder Kultus).

Die koptisch-orthodoxe Kirche behauptet von sich, immer sorgfältig Glauben und Wahrheit bewahrt zu haben, wie sie diese von den Aposteln empfangen hat, ohne Modifikation, Veränderung oder Wechsel. Sie stand – wie sie sagt – immer fest in der Abwehr aller Häresien und Schismen; sie schützte ihre Gläubigen und verherrlichte Christus, den Herrn, dessen Leib die Kirche ist. Als Ergebnis dieser Bemühungen steht ein Bekenntnis, wie es ursprünglich von den Aposteln empfangen wurde. Diesen Glauben bewahrte man trotz vieler Verfolgungen. Man definiert sich deshalb heute auch als konservative Kirche.

Nach dem Verständnis anderer christlicher Konfessionen (z. B.  römisch-katholisch) sind diejenigen Kirchen orthodox, die sich aufgrund der Auseinandersetzungen über die Lehre von Christus (eine oder zwei Naturen) und aus politischen Gründen von der römisch-byzantinischen Reichskirche bald nach den Konzilien von Ephesus (431) und Chalzedon (451) getrennt hatten. Diese Kirchen betrachten sich nach der Trennung ebenso als rechtgläubig, wie es die Reichskirche auf dem Territorium des Römischen Reiches getan hat.

Die „neuen Rechtgläubigen“ errichteten fünf Patriarchensitze zu geistlichen Zentren: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem.

V. Auseinandersetzungen über und Klärung der Lehren über Christus im 4. bis 6. Jahrhundert (Ein- und Zwei-Naturen-Lehren)
  1. Falsche Lehren über Christus (u. a. Monophysitismus)

Im 4. Und 5. Jh. (mehr als 200 Jahre lang) hat sich die Kirche mit der Frage nach Christus auseinandergesetzt. Der Monophysitismus lehrte, in Christus sei die menschliche Natur so in die göttliche eingegangen, dass nur eine Natur, die göttliche, vorhanden sei. Christus sei wahrer Gott, aber nicht wahrer und wirklicher Mensch wie wir. Die Bezeichnung dieser Lehre leitet sich aus dem griechischen „physis“ (=Natur) ab und aus „mone“ (= eine).

    1. Arius war Priester in Alexandrien, geweiht 313 n. C. – Er meinte, dass Christus dem Vater nicht gleich-wesentlich, sondern untergeordnet gewesen sei. Er und seine Anhänger, die Arianer, leugneten damit die Gottheit Christi und sagten, Christus sei nur ein Mensch gewesen, ein besonders heiliger Mensch, aber eben doch nur ein Mensch. – Die Kirche gab hierzu ihre Antwort auf dem Konzil von Nizäa (325).
    2. Bischof Nestorius wurde um 381 n. C. in Persien geboren. Er studierte in Antiochien, wo er Priester und Mönch wurde. Im Jahr 428 n. C. wurde er von Kaiser Theodosius II (408-450) auf den Patriarchenstuhl von Konstantinopel berufen. Nestorius fragte zunächst, wie man behaupten könne, dass Gott als Mensch geboren wurde und gelitten hat? Er teilte Christus in 2 Personen ein, eine göttliche und eine menschliche. Er leugnete damit die Einheit der beiden Naturen in Christus. Für Nestorius hat Maria nicht Gott geboren, sondern nur den Menschen Christus. – Hierzu nahm die Kirche auf dem Konzil von Ephesus (431) Stellung.
    3. Eutyches war Klostervorsteher aus der Gegend von Konstantinopel. Er war ein Gegner des Nestorius und kam in den Auseinandersetzungen mit diesem auf eigene „krumme Gedanken“. Er bewertete die menschliche Natur Christi nicht als eigene Natur und sagte, diese sei von der göttlichen Natur ganz aufgesogen worden; sie sei mit dieser zur Einheit einer einzigen Natur vermischt und verschmolzen.
  1. Das Konzil von Nizäa (325 nC): Christus ist wahrer Gott

Die ersten beiden Konzilien (Nizäa und Konstantinopel) wurden nicht vom Papst, sondern vom Kaiser einberufen, Nizäa von Kaiser Konstantin und Konstantinopel von Kaiser Theodosius d. Gr.  –  Den Ehrenvorsitz in Nizäa hatte Kaiser Konstantin ( *285 , + 337), der die Eröffnungsrede hielt. Es wurde das Glaubensbekenntnis beschlossen, das wir im Grunde heute noch beten. Danach ist Christus eines Wesens mit dem Vater, also wahrer Gott. Im Glaubensbekenntnis wird neben dem Glauben an Gott, den Vater, den Schöpfer aller Dinge, zu Jesus Christus gesagt: „gezeugt als Eingeborener aus dem Vater, aus der Wesenheit des Vaters, Gott von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott.“ – Wenig wird daneben zum Heiligen Geist gesagt, außer am Schluss (nach: …… wir glauben, ….. er (Jesus Christus) wird wiederkommen zu richten die Lebenden und die Toten):   …“Und an den Heiligen Geist“ (Punkt!).

Mit den Beschlüssen von Nizäa wurden der Arianismus und die Lehre des Mazedonius verworfen.

Hinweis: Kaiser Konstantin kam später selbst unter den Einfluss der arianischen Lehre. Er starb am 22.5.337 und wurde kurz vor seinem Tod von einem arianischen  Bischof (Eusebius von Nikomedien) getauft.

  1. Das Konzil von Konstantinopel (381 nC): Der Heilige Geist ist wahrer Gott, der vom Vater ausgeht

Das Konzil rechnete mit allen arianischen Richtungen gründlich ab. Es übernahm das Glaubensbekenntnis von Nizäa. Die wahre Gottheit des Heiligen Geistes wurde feierlich verkündet, indem in Ergänzung zum Glaubensbekenntnis von Nizäa (=“Wie glauben, er, Jesus Christus, wird wiederkommen in Herrlichkeit zu richten die Lebenden und die Toten. Und an den Heiligen Geist“ nunmehr gesagt/geglaubt wird: „Wir glauben an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebendigmacher, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und verherrlicht wird.“

  1. Das Konzil von Ephesus (431 nC): Maria ist Gottesgebärerin

Das Konzil entschied gegen Nestorius (der die Einheit der beiden Naturen in Christus geleugnet hatte, und Christus in zwei Personen einteilte, eine göttliche und eine menschliche) mit folgenden Worten.“Wer es wagt zu lehren, Christus sei ein Mensch, der Gott in sich trägt, … sei ausgeschlossen aus der Kirche.“

Über Maria sagte das Konzil gegen Nestorius (der in Maria bezüglich Jesus eine Menschengebärerin sah): „Wer nicht bekennt, dass die heilige Jungfrau Gottesgebärerin ist, die das menschgewordene Wort Gottes geboren hat, der sei ausgeschlossen aus der Kirche.“

  1. Das Konzil von Chalzedon (451 nC): Christus ist eine Person in zwei Naturen

Das Konzil verurteilte die nestorianische Lehre, die Christus in 2 Personen – eine göttlich und eine menschlich – zu teilen schien. Es verurteilte auch die Redeweise des Eutyches von der nur eine Natur (in der Göttliches und Menschliches verschmolzen sind) und bestätigte damit den Beschluss der Synode von Konstantinopel aus 448.  Das Konzil stellte fest, dass Christus vollkommen in der Gottheit und vollkommen in der Menschheit ist, wahrer Gott und wahrer Mensch, wesensgleich dem Vater der Gottheit nach, uns wesensgleich der Menschheit nach (ausgenommen in der Sünde). Er wurde geboren aus Maria, der Jungfrau und Gottesgebärerin. Wir anerkennen in ihm zwei Naturen, unvermischt und unverwandelt, ungetrennt und ungeteilt, wobei die Vereinigung der Naturen in seiner Person nirgends den Unterschied der Naturen aufhebt.

Damit wird grundsätzlich das Gleiche gesagt wie 20 Jahre zuvor auf dem Konzil von Ephesus, wobei die Ausdrücke klarer herausgearbeitet und schärfer voneinander geschieden sind.

Diese deutliche Verurteilung des Monophysitismus, also jener Denkrichtung, nach welcher in Jesus Christus nicht zwei Naturen (eine göttliche und eine menschliche), sondern nur eine gegeben ist, wollten – so wird jahrhundertelang berichtet – die Kopten (damals beim Konzil von Chalzedon) nicht anerkennen.  Sie gingen zunächst einen eigenen theologischen Weg, der allerdings am Sprachgebrauch von nur einer Natur festhielt. Danach spalteten sie sich von der byzantinischen Reichskirche ab und bildeten eine eigene Kirche, die sog. monophysitische oder (besser:) prä-chalzedonische Koptische-Orthodoxe Kirche. Diese definierte jetzt Maria nicht – wie in Ephesus 431 gefordert – als Gottesgebärerin, sondern als Christusgebärerin.

Als die Araber 642 n. C.  Ägypten eroberten (Fall von Alexandria), gab es dort 6 Millionen monophysitische Ägypter, denen 300.000 rechtgläubige Ägypter (mit Anerkennung der 2-Naturen-Lehre) gegenüberstanden. Die Araber nannten die Anhänger der ägyptisch-monophysitischen Kirche „Quibt“, d. h. Ägypter. Auch hieraus – neben der Ableitung aus dem griechischen „aeguptos“ – ist der Name „Kopte“ entstanden.

  1. Das 2. Konzil von Konstantinopel (553): Fragen zu Gottheit und Menschheit

Es wurden Fragen zu Gottheit und Menschheit Christi geklärt (sog. Dreikapitelstreit).

  1. Die Synode von Toledo (589nC): „Filioque“, der Heilige Geist geht vom Vater und vom Sohne („filioque“) aus

Das Problem des „filioque“, also die Frage nach der Natur des Heiligen Geistes, wird auf dieser Synode behandelt. Es ist ein Streitpunkt bis heute.

Während im Glaubensbekenntnis von Nizäa (325 nC) ganz zum Schluss angefügt wird: „…Wir glauben, …. er, Jesus Christus, wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten. Und an den Heiligen Geist“, wird 381 n. C.  im Konzil von Konstantinopel ergänzt: „Wir glauben an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebendigmacher, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebetet und verherrlicht wird.“

Es wird hier also nur das Verhältnis des Hl. Geistes zum Vater bestimmt. Dies ergibt sich auch aus Johannes 15, 26, wo es heißt: „Wenn aber der Beistand kommt, den ich Euch vom Vater aus senden werde, den Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen.“

Die Synode von Toledo, also kein Konzil der Gesamtkirche, sondern nur von Kirchen in Spanien, also:  diese Synode fügt dem Text von Konstantinopel (381 nC) hinzu:“Wir glauben an den Heiligen Geist, der vom Vater und vom Sohne („filioque“) ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebetet und verherrlicht wird.“

Die Zufügung des „filioque“ in 589 n. C. (Toledo) gegenüber 381 n. C. (Konstantinopel) spaltet die lateinische (und die lutherische) Kirche einerseits gegenüber der Orthodoxie andererseits (die sich nach wie vor „rechtgläubig“ auf Joh 15,26 beruft).

Die koptisch-orthodoxe Kirche ist wie schon immer überzeugt, dass das „filioque“ nicht ins Credo gehört, während Katholiken und Lutheraner diesen Zusatz zur Glaubensformel des Konzils von Konstantinopel (381) als legitim betrachten.

VI. Monophysitische Kirchen heute

Von den chalzedonischen Kirchen als Monophysiten bezeichnet, ziehen diese altorientalischen Kirchen die Bezeichnung „Miaphysiten“ vor.

Monophysiten, also die Anhänger der Überzeugung, dass Christus nicht wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist, gibt es heute noch. Diese Religionsgemeinschaften gehen zurück auf Abspaltungen nach dem Konzil von Chalzedon im Jahr 451 n. C.

Alle monophysitischen Kirchengemeinden sind in sich selbstständig. Sie sind nicht mit Rom verbunden, gehören aber   auch nicht zur Orthodoxen Kirche. Ihre monophysitischen Lehren wurden im Laufe der Zeit immer mehr abgeschwächt, so dass heute kaum mehr als ein Unterschied in Worten zwischen ihrer und der wahren Lehre besteht (=Christus ist in einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch). Sowohl die katholische Kirche als auch die byzantinischen (griechischen) orthodoxen Kirchen stehen mit den „Monophysiten“ im Dialog.  Im Laufe der Jahrhunderte haben sich zahlreiche Glieder der monophysitischen Kirchen mit Rom wieder vereinigt. Dort, wo man im Dialog steht, wird die Übereinstimmung in der Lehre in den letzten Jahrzehnten immer wieder offiziell und gemeinsam festgestellt.

  1. Die Armenier

Die 7 Millionen Gläubige, die die Christologie des Konzils von Chalzedon (451 n. C.) ablehnen (=Christus ist in einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch), leben in Russland, Ost-Türkei, Palästina, West-Iran und Nordamerika. Die Leitung liegt in 4 Patriarchaten (Jerusalem, Istanbul, Beirut). Das Oberhaupt ist der sog. „Katholikos“, der in Etschmiadzin am Fuße des Berges Ararat in Armenien residiert, einem selbstständigen Staat auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion. Man hat einen eigenen armenischen Zeit-und Kirchenkalender aus dem 7. Jh.- Die armenische Liturgie weist sowohl römische (tridentinische Messe) als auch orientalische Züge (Verdeckung des Altars) auf. Im deutschsprachigen Raum gibt es einen Bischof in Wien und in Köln.

  1. Die Jakobiten

Diese werden auch „West-Syrer“ genannt. Rund 100.000 Anhänger leben in Syrien, Kurdistan (Ost-Türkei) und Indien. Der Patriarchensitz liegt in Damaskus/Syrien.

  1. Die Äthiopier

5 Millionen monophysitische Gläubige leben in Äthiopien (Abessinien). Sie haben ihre Christologie von den (ursprünglichen) Kopten übernommen. Ihr Oberhaupt in Addis Abeba wird „Abuna“ (=Vater) genannt.

  1. Die Thomas-Christen

Diese sind Nachfolger der durch den Apostel Thomas bekehrten Inder. Sie erhielten ihren Monophysitismus von den Jakobiten (siehe oben!). Etwa 500.000 Anhänger unter der Leitung eines „Katholikos“ mit Sitz in Kottayam leben an der Westküste Indiens, der Malabarküste. Insgesamt soll es 4 Millionen Thomaschristen geben, die zu einem kleinen Teil dem lateinischen Ritus, die meisten aber zu inzwischen 7 Ostkirchen angehören.

  1. Die Kopten (???)

In der Literatur, z. B.

    • Algermissen, Kirchengeschichte, Giesel-Verlag, Celle 1956,
    • Baedekers Allianz-Reiseführer: Ägypten, Baedeker-Verlag, Ostfildern 1992,
    • Welt und Umwelt der Bibel, Verlag Kath. Bibelwerk Stuttgart, Sonderheft 2002,

werden die (heutigen) Kopten als monophysitisch bezeichnet, und zwar als älteste aller monophysitischen Kirchen. Die Zuordnung zum Monophysitismus ist heute nicht mehr gegeben; hierauf werde ich später (Kapitel VII, 3) ausführlich eingehen.

  1.    Die Nestorianische Kirche (bzw. Kirche der Assyrer)

Sie spaltete sich nach dem Konzil von Ephesus 431 n. C. ab und nahm 484 n. C. offiziell die Lehre des Nestorius an (=Dieser teilte Christus in zwei Personen ein, eine göttliche und eine menschliche. Damit leugnete er die Einheit der beiden Naturen in der einen Person Christus). 150.000 Gläubige weltweit, vor allem in Indien, Irak, Iran, USA und Deutschland, stehen unter einem Patriarchat in Teheran. In ihrem Patriarchen sehen die Nestorianer bzw. Assyrer den Nachfolger des Apostels Petrus. Die nestorianische Kirche nennt sich selbst orthodox im Sinne von rechtgläubig und „Heilige Apostolische und Katholische Assyrische Kirche des Ostens“. Trotz offiziellem Sitz des Patriarchats in Teheran lebt der Patriarch bei San Francisco/USA (Morton Grove). Ein weiteres Oberhaupt (Patriarch) residiert in Bagdad.

Ein Teil der Gläubigen ging im 16. Jh.  eine Union mit Rom ein unter Beibehaltung des ost-syrischen Ritus. Sie nennen sich assyrische oder chaldäische Christen. Der chaldäisch-katholische Patriarch der ca. 400.000 Gläubigen hat seinen Sitz in Bagdad/Irak.

Hinweis: Die mit Rom unierten Chaldäer im Irak, Maroniten in Libanon und Zypern sowie 7 Millionen Griechische Katholiken in der Ukraine dürfen heiraten.

VII.  Die Koptisch-orthodoxe Kirche im Ägypten von heute

  1. Allgemeines

Die koptische Kirche ist – nach ihrem Selbstverständnis – altorientalisch bzw. prä-chalzedonisch (Chalzedon 451 n. C.: Verurteilung des Monophysitismus); sie gibt sich den Beinamen „Kirche von Alexandria“ oder „Patriarchat des hl. Markus“. Sie besitzt eins der früher 4 Patriarchate, die sich in Jerusalem, Antiochia, Alexandria und Rom befanden. Ihr Gründer, der hl. Markus, der Verfasser des Markus-Evangeliums, ist der erste in einer ungebrochenen Linie von Patriarchen und der erste in der Reihe der Märtyrer. Die Kirche ist stolz darauf, den ursprünglichen „wahren“ Glauben des hl. Markus über Jahrhunderte bewahrt und verteidigt zu haben, auch auf orthodoxer und ökumenischer Ebene. Viele Märtyrer, Heilige, Bekenner und Asketen sind aus ihr hervorgegangen, ebenso die Anfänge des christlichen Mönchtums, deren Klöster noch heute bestehen; sie gehen zurück auf

    • den hl. Antonius, 251 bis 356 n. C.; sein Kloster liegt im Wüstengebirge von Ost-Ägypten, westlich der Küstenstraße am Roten Meer (Golf von Suez),
    • den hl. Paulus von Theben, 228 bis 340 n. C.; das Pauluskloster liegt im Wüstengebirge, süd-östlich vom Kloster des hl. Antonius, der den Paulus bestattet hatte (Hinweis: mein Besuch dort war am 9.2.2009).

An der Spitze der koptischen Kirche steht seit 1971 Papst Shenouda III (*3.8.1923; 88 Jahre alt) als 117. Nachfolger des hl. Evangelisten Markus.

Die Bezeichnung „Papst“ des koptischen Patriarchen richtet sich nicht gegen den Papst der römisch-katholischen Kirche. Sie kommt vom griechischen Wort „pappas“ und besagt, dass der Bischof der geistliche Vater seiner Gemeinde ist. Die Anrede des Bischofs als „pappas“ oder (lateinisch) „papa“ war in der Alten Kirche weit verbreitet.

Seit 1954 ist die koptisch-orthodoxe Kirche von Ägypten Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf. Sie war „Beobachter“ beim 2. Vatikanischen Konzil (dem 21. Ökumenischen Kirchenkonzil) in Rom 1962 bis 1965 und arbeitete dort aktiv mit.

Diese Kooperationen machen deutlich, dass man die Einheit in der Vielfalt der christlichen Traditionen anerkennt.

  1. Geschichte, Anzahl der Gläubigen, Sitz des Patriarchates

Bis zur islamischen Eroberung Ägyptens im Jahr 642 n. C. (Fall von Alexandria) waren fast alle der 18 Millionen Einwohner Ägyptens koptisch. Die Araber wurden als Befreier vom Joch des byzantinischen Kaisers begrüßt. Unter der moslemischen Dynastie der Abbasiden (750 bis 969; Sitz des Kalifen in Bagdad; sie herrschten nach der Vertreibung der Omajaden aus Damaskus) gab es Christenverfolgungen. Bis zum Beginn der Kreuzzüge (1099 Eroberung Jerusalems durch Gottfried von Bouillon) ging es den Kopten gut unter der Herrschaft der ägyptischen Dynastie der Fatimiden (910 bis 1171; ihr Ursprung liegt bei Fatima, der Tochter Mohammeds). Sie konnten hohe Staatsämter bekleiden. Im Jahr 1204 n. C. erfolgte dann in Konstantinopel ein Massaker von christlichen Kreuzfahrern gegenüber den Christ-Orthodoxen, die 1453 n. C. dann gegen die einbrechenden Osmanen (Sultan Mehmed II) Konstantinopel aufgaben, wodurch das Byzantinische Reich beendet wurde.

Unter Präsident Nasser (1918 bis 1970) herrschte in Ägypten gutes Einvernehmen zwischen Moslems und Christen. Spannungen gab es unter Präsident Sadat (1918 bis 1981), der den koptischen Papst Shenouda III sogar 40 Monate in einem Wüstenkloster inhaftierte. Bis vor Kurzem, unter Präsident Hosni Mubarak (geb. 1928; seit 1981 Staatspräsident; Rücktritt am 11.2.2011), ist der fundamentalistische Islam auf dem Vormarsch, allerdings auch das koptische Mönchtum und allgemein der koptisch-christliche Glauben. Wie zur Bestätigung hat Papst Shenouda im Sommer 2009   11 neue Bischöfe ernannt. Unter dem Einfluss der ägyptischen Muslim-Bruderschaften werden die Kopten jedoch von Staatsämtern und Hochschulen ferngehalten (was eine koptische Reiseführerin – staatlich zugelassen – gegenüber der Reisegruppe des Referenten im Januar 2009 allerdings verneinte). Wegen ihres vergleichsweise höheren Bildungsstandes haben die Kopten einen überdurchschnittlichen Anteil an den freien Berufen im Lande.

Bekannte koptische Christen sind Boutros (Petrus) Boutros- Ghali, UN-Generalsekretär 1992 bis 1996, sowie der Filmschauspieler Omar Sharif („Dr. Schiwago“), mit bürgerlichem Namen: Maechel (Michael) Chalhoub.

Weltweit gibt es heute 6 Millionen koptisch-orthodoxe Christen, die vom Patriarchat in Alexandria (Papst Shenouda III) geleitet werden, davon rd. 4 Millionen, d. s. knapp 7% der Bevölkerung, in Ägypten.

Koptische Quellen sprechen allerdings von 10 bis 15% Gläubigen in Ägypten und 15 Millionen Mitgliedern weltweit.

Shenouda III (Antonios El-Seriani, geb. 3.8.1923, Studium der Geschichte, Archäologie und Theologie) ist seit 1971 „Papst/Baba von Alexandria und Patriarch von ganz Afrika“. Er hat seinen Sitz offiziell sowohl in Alexandria, als auch in Kairo.  Im Kairoer Stadtteil Abbassia befindet sich das Patriarchat neben der 1968 geweihten (neuen) Markus-Kathedrale. Ko-Kathedrale des Patriarchats ist weiterhin die Markuskathedrale aus dem 20. Jh. in Alexandria, ein Bau an Stelle der im Jahr 60 n. C. vom Evangelisten Markus gegründeten ersten christlichen Kirche der Stadt.

  1. Lehre, Liturgie, Verbreitung

Bei meiner Begegnung als Teilnehmer einer Pilgergruppe unter der Leitung von Prälat Dr. Klaus Wyrwoll, Direktor des Ostkirchlichen Instituts (Regensburg) der Deutschen Bischofskonferenz, bei Papst Shenouda III am 20.11.1994 (nach einer Tauffeier mit Gottesdienst) in Limassol/Zypern erläuterte der koptische Patriarch die Annäherung der koptisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche seit Ende des 19. Jahrhunderts.

Heute ist für beide Kirchen gemeinsam der Glaube an die Christologie, die auf den Konzilien von Nizäa (351) und Konstantinopel (381) gelehrt worden war. Kopten und Katholiken (mit Lutheranern) sind sich einig im Glauben an die untrennbare Einheit der Gottheit und Menschheit Christi. Damit sind die Kopten keine Monophysiten, die lehren, dass die menschliche Natur Christi von der göttlichen aufgesogen wird. Das Bekenntnis von Nizäa wird heute von der koptischen Kirche in der ursprünglichen Form der Verabschiedung durch das Konzil verwendet, worin es heißt:

„Wir glauben an den einen Herrn, Jesus Christus, Gottes einzigen Sohn, geboren aus dem Vater vor aller Zeit, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott.“

Jesus ist damit – dem koptischen Dogma zufolge – die gott-menschliche Natur, die so vereint ist wie Feuer und Eisen in einem glühenden Eisenstück.

Das in der Literatur heute und über Jahrhunderte über die Kopten gesprochene Urteil, sie hätten auf dem Konzil von Chalzedon (451) die Konzilsbeschlüsse mit Ablehnung der Lehre des Nestorius zurückgewiesen, ist falsch.  Denn:

Nestorius, im Jahr 428 auf dem Patriarchenstuhl von Konstantinopel, leugnete die wirkliche, persönliche, sog. hypostatische Einheit der beiden Naturen in Christus.

Tatsächlich soll (der koptische) Papst Dioskuros, der Patriarch von Alexandria, der auf dem Konzil von Chalzedon (451) den orthodoxen Glauben verteidigte, der Trennung beider Naturen in Christus mit folgenden Worten widersprochen haben (Quelle: Wikipedia): „Ich sah Christus über Lazarus‘ Tod weinen, also ist er ein Mensch; ich sah ihn, Lazarus von den Toten auferwecken, also ist er Gott.-Ich sah ihn im Boot schlafen, also ist er ein Mensch; ich sah ihn den Sturm stillen, also ist er Gott.“ –

Die koptische Liturgie ist entstanden aus dem alten Ritus von Alexandrien, z. T. auch aus demjenigen von Byzanz, mit starkem Einfluss der liturgischen Bräuche in den Klöstern.

Das eucharistische Brot –   aus Sauerteig hergestellt, also nicht ungesäuert wie bei Katholiken und Lutheranern – hat 8 cm Durchmesser mit 2 cm Dicke. Zwölf Kreuze werden eingestempelt mit der Schrift: „Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher.“

Vor der Eucharistifeier liegen die „Darbringung von Weihrauch“ (mit Beräucherung des Volkes als Sühnesymbol mit Lossprechungsformel), Stundengebete (zur 3. und 6. Stunde), Einzug des liturgisch bekleideten Priesters in den Raum vor der Ikonostase, dann: „Liturgie des Wortes“ (Lesungen, Evangelium und Predigt, Friedenskuss, Credo), sodann die „Liturgie des Leibes“ mit Fürbitten, Gedächtnis der Heiligen und Kommunion. Zur Kommunion spricht der Priester die sog. „Homologia“, in der er das Bekenntnis ablegt: “Ich glaube, dass dies der lebensspendende Leib ist…… Er macht uns eins mit der Gottheit, ohne Vermischung, ohne Verquickung und ohne Veränderung………In Wahrheit glaube ich, dass seine (=Jesu) Gottheit seine Menschheit keinen Moment lang und keinen Augenblick verlassen hat.“ –  Die Liturgie dauert insgesamt 3 Stunden. Liturgiesprache ist koptisch und arabisch.

Hervorzuheben ist, dass in der koptischen – wie in allen anderen Ostkirchen – Taufe, Firmung („Myronsalbung“) und Erste Heilige Kommunion dem Täufling in einem liturgischen, sehr feierlichen und langdauernden Akt vom Priester gespendet werden. Dies entspricht altkirchlicher Tradition.

Die Verbreitung der koptischen Religion wird – nach Wikipedia mit Bezug auf World Fact Book, ägyptische Regierungsstellen und deutsches Auswärtiges Amt – wie folgt geschätzt:

Ägypten: 4 Millionen Gläubige, d. s. 5 bis 10% der Bevölkerung. Der Fischer Weltalmanach wie auch koptische Quellen nennen 12 bis 15% (6 bis 9 Millionen Gläubige).

Afrika: Koptische Minderheiten finden sich in Äthiopien, Eritrea, Kenia, Libyen, Sambia, Simbabwe, Sudan (rd. 260.000 Gläubige mit rapider sinkender Zahl seit Einführung der Scharia 1983) und Syrien.

Asien: Israel (u. a. in Jerusalem) und Libanon (ca. 2000 Gläubige, vertreten durch die syrisch-orthodoxe Kirche).

Amerika: In den USA leben mehr als 1 Million Kopten (20 Gemeinden in New York und Los Angeles; weitere Gemeinden finden sich in jeder größeren Stadt). Ferner in Kanada (Montreal, Toronto, Ottawa, Vancouver), Brasilien (Diözese Rio de Janeiro) und Bolivien.

Australien: Hier sollen fast1 Million Kopten leben, u. a. in Sydney, Melbourne und Canberra.

Europa kennt Gemeinden in

    • Österreich mit 5.000 Gläubigen in Wien, Graz, Klagenfurt, Bruck an der Mur, Innsbruck sowie – seit 2003 –   das staatlich anerkannte Kloster Obersiebenbrunn.
    • Schweiz (Zürich, Basel, Biel, Vernier, Lausanne, Yverdon).
    • Großbritannien (London, Birmingham, Manchester uvm.). Die „britisch orthodoxe Kirche“ untersteht seit 1994 dem Patriarchat von Alexandrien.
    • Frankreich (Paris u. a.)
    • Italien (Mailand, Rom uvm.).
    • Griechenland (Athen u. a.).

In Deutschland ist der kleine Ort 37671 Brenkhausen bei Höxter (Propsteistraße 1 a) Bischofssitz. Hier residiert Bischof Damian (Refat Fahmi, geb. 15.3.1955, Dr. med. und Theologe, studierter Facharzt für Radiologie) in einem früheren Zisterzienserinnen-Kloster. Ein Kloster gibt es auch in Waldsolms–Kröffelbach (bei Wetzlar). Kirchen finden sich in München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover, Berlin, Hamburg, Trier und Leipzig.

6.000 Kopten gibt es in ganz Deutschland.

  1. Die ökumenischen Beziehungen zwischen der orthoxen sowie der Koptisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche

Die Kopten bezeichnen sich zwar als orthodox (im Sinne von „rechtgläubig“); gleichwohl sind sie nicht in allem eins mit den byzantinischen (griechischen) Orthodoxen in Konstantinopel/Istanbul. In Leitungsangelegenheiten folgt man unterschiedlich: als Kopte dem Papst in Kairo/Alexandria (Shenouda) und als griechisch-Orthodoxer dem Ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel/Istanbul (Bartholomaios).

Die Haupt-Unterschiede zwischen der koptischen (und allen orthodoxen Kirchen) und der römisch-katholischen Kirche liegen beim „Primat des Papstes“ (in Rom) und dem Sachverhalt des „Filioque“. Der päpstliche Jurisdiktionsprimat und die Unfehlbarkeit des (römischen) Papstes werden nicht nur von den Orthodoxen, sondern auch von den alt-orientalischen Kirchen (Assyrer, Kopten, Armenier und Syrer) abgelehnt. Unfehlbarkeit kommt nach orthodoxer Auffassung nicht dem Papst, sondern der gesamten Kirche zu, die den Glauben weitergibt und Irrlehren auf ökumenischen Konzilien und Synoden verurteilt.

Im Unterschied zur katholischen Kirche lehnt die Orthodoxie die Lehre vom Fegefeuer ab.

Nach römisch-katholischer (und evangelischer) Tradition (Synode von Toledo, 589 n. C.) geht der Heilige Geist aus Vater und Sohn hervor. Die Orthodoxen sehen darin einen unerlaubten Zusatz zum Glaubensbekenntnis, denn: das Konzil von Konstantinopel (381) erklärte in Übereinstimmung mit Joh 15, 26, dass der Heilige Geist „aus dem Vater hervorgeht“.

Der Vollständigkeit halber ist noch einmal zu sagen, dass das eucharistische Brot bei Katholiken (und Protestanten) aus ungesäuertem Teig, bei den Orthodoxen aus Sauerteig hergestellt wird.

Die Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxie allgemein sowie zu den koptisch-orthodoxen Christen haben sich nach Jahren des Dialogs bedeutsam verbessert.

Zum Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel (Orthodoxie allgemein) setzten die Kontakte intensiv ein mit Ausklang des Zweiten Vatikanischen Konzils am 7.12.1965: Angekündigt wurde die feierliche Aufhebung der in der Hagia Sophia (Istanbul/Konstantinopel) im Jahr 1054 ausgesprochenen gegenseitigen Exkommunikationen zwischen dem päpstlichen Legaten Kardinal Humbert und dem byzantinischen Patriarchen Kerullarios. Hintergrund sind folgende Geschehnisse:  Damals hatte der römische Papst Leo IX beim byzantinischen Kaiser und beim Patriarchen Michael Kerullarios in Konstantinopel um militärische Hilfe gebeten gegen die in Italien – auch gegen den Kirchenstaat – vorrückenden nordgermanischen Normannen. Der byzantinische Kaiser war für, der Patriarch gegen eine Hilfe, die somit ausblieb, wodurch der Krieg gegen die Normannen für Italien verloren ging. Dem Friedensschluss sollte der orthodoxe Patriarch Kerullarios zustimmen. Deshalb schickte der Papst seinen Legaten, den Kardinal Humbert, zu ihm. Dabei kam es im Juli 1054 in der Hagia Sophia von Konstantinopel zu einem schweren (persönlichen) Zerwürfnis zwischen dem Kardinal Humbert und dem Patriarchen Kerullarios, die sich gegenseitig exkommunizierten.

Dieser Vorgang ging jahrhundertlang als sog. Schisma 1054 in kirchliche Literatur und Sprachgebrauch ein (z. B. Michael Buchberger, Professor für Kirchengeschichte in Regensburg und später dort Bischof, in: Kirchliches Handlexikon, 1907/1912).

Die Exkommunikationen waren persönlich gegeneinander gerichtet (der Patriarch Kerullarios gegen den päpstlichen Legaten, Kardinal Humbert), betrafen also nicht die gesamte byzantinische oder die gesamte römische Kirche. Die kirchenrechtliche Gültigkeit der beiden Exkommunikationen bleibt auch deshalb umstritten, weil es katholischerseits keine Bestätigung durch den römischen Papst gegeben hatte. Leo IX war nämlich im April 1054, also ¼ Jahr vor dem geschilderten Ereignis, gestorben und ein Nachfolger war noch nicht gewählt.

Das II. Vatikanum (1962-65) machte die Ankündigung der Aufhebung der durch den Kardinal Humbert ausgesprochenen Exkommunikation nicht wahr. In Übereinstimmung mit dem katholischen Kirchenrecht wurde festgestellt, dass die vom Legaten und Kardinal Humbert (nicht vom Papst) ausgesprochene Exkommunikation eben nur von diesem und nicht von einem Papst verhängt worden war und damit ungültig ist. Es wurde auf dem 2. Vatikanischen Konzil somit      kein Bann aufgehoben, sondern nur ein Bedauern ausgedrückt wegen gegenseitiger unbegründeter Vorwürfe, verletzender Worte und verdammenswürdiger Handlungen (gegenseitige Verfluchung).

Der „Mythos“ vom sog. „Schisma 1054 (=Datum einer Trennung von West- und Ostkirche) ist damit entzaubert.

Die Beziehungen zwischen der Orthodoxie allgemein und der römischen Kirche verbesserten sich im vorigen Jh. durch eine Begegnung in Rom am 29. 10. 1967, als Patriarch Athenagoras vom Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel, (Ehren-)Oberhaupt aller orthodoxen Gemeinden im (ehemals) türkisch-osmanischen Reich, dem römischen Papst Paul VI das Omorphorion (=bischöfliche Stola) der orthodoxen Kirche überreichte.

Papst Paul VI hatte zuvor am 25.7.1967 in seiner Enzyklika „Anno ineunte“ von den beiden Schwesterkirchen gesprochen, die dieselben Sakramente und dasselbe Priestertum besitzen und sich beide im Glaubensbekenntnis zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche bekennen.

Der römisch-orthodoxe Dialog erfuhr eine weitergehende Vertiefung, als im Jahr 1991 Bartholomaios I zum Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel/Istanbul gewählt wurde. Durch seine Studien in Rom (Orientalisches Institut) und Regensburg (Ostkirchliches Institut), aber auch durch die persönliche Bekanntschaft aus gemeinsamen Studienzeiten (u. a. in Rom) mit Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll, hatte er die katholische Kirche kennengelernt und sich immer wieder offiziell zur Ökumene bekannt.

In Beziehung zur koptischen Kirche gaben Papst Paul VI und der koptische Papst Shenouda III am 10.5.1973 eine gemeinsame Erklärung ab, in der die Gemeinsamkeit des Glaubens in dem Bekenntnis ausgedrückt wurde, dass Jesus Christus vollkommener Gott und vollkommener Mensch mit Leib und „vernünftiger Seele“ ist (=Erklärung gegen den Monophysitismus).

Unter dem Pontifikat von Johannes Paul II wurde am 12.2.1988 eine gemeinsame, offizielle Erklärung unterzeichnet zwischen Johannes Paul II, dem koptisch-orthodoxen Patriarchen Papst Shenouda III sowie dem damaligen koptisch-katholischen Patriarchen Stephanos Ghattas (hierzu: siehe nächstes Kapitel!). In diesem Papier bekannte man sich zu einer gemeinsamen christologischen Formel und verurteilte noch einmal die Irrlehren des Nestorius und des Eutyches (vgl. Kapitel V, 1).

Somit bleiben als Streitfragen zwischen Orthodoxie (inkl. der koptischen Kirche) und Rom die Sachverhalte vom Primat des römischen Papstes, das „Filioque“, Fegefeuer, Konsistenz des eucharistischen Brotes, der Priesterzölibat der römischen Kirche und teils unterschiedliche Auffassungen zu einigen Sakramenten (z. B. Ehe; griechisch-orthodoxe Christen dürfen 3mal kirchlich heiraten). Das „Filioque“ gehört nach koptisch-orthodoxer und allgemein orthodoxer Überzeugung nicht ins Credo.

Die Ökumenische Kommission der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat vorgeschlagen, bei gemeinsamen Gottesdiensten mit östlichen Christen das „Filioque“ wegzulassen. Dieser Vorschlag wurde an die VELKD (Vereinigte Evangelisch – Lutherische Kirche in Deutschland) weitergegeben und von dieser – ebenso wie von der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) – akzeptiert. Für die römisch-katholische und die evangelische Kirche in Deutschland ist das „Filioque“ kein (Glaubens-)Zusatz, sondern die westliche Form der gleichen Lehre, wie diese auf den Konzilien von Nizäa und Chalzedon festgelegt worden ist.

Abschließend zur heutigen Ökumene zwischen römisch-katholischer und orthodox-griechischer (byzantinischer) Kirche sei darauf hingewiesen, dass die Katholiken heute mit den griechisch (byzantinisch) Orthodoxen volle Kommuniongemeinschaft haben, die allerdings nur von der russisch-orthodoxen Kirche erwidert wird. Mit der syrisch-orthodoxen Kirche besteht neben der vollen Kommuniongemeinschaft eine gemeinsame Auffassung zum Ehesakrament.

VIII.  Unierte („katholische“) Kopten in Ägypten

Unionsversuche zwischen orthodoxen und römischen Würdenträgern gab es immer wieder. Sie scheiterten, so z. B. das (schon einmal erwähnte) Unionskonzil von Florenz im Jahr 1439. Der byzantinische Kaiser Johannes VIII Palaiologos suchte in Rom um Hilfe nach gegen die im 15. Jh. nach Konstantinopel vorrückenden Türken. Ein Bündnis – so hoffte er – hätte auch die Konfessionen wieder nähergebracht. Der (römische) Papst aber forderte die Unterwerfung der orthodoxen Kirche und die Anerkennung des „Filioque“. Das bereits unterzeichnete Unionsdekret blieb ohne Wirkung. Als seit 1630 in Ägypten zunächst Kapuziner-Mönche, später Franziskaner und Jesuiten, tätig wurden, führte dies zu mehreren Einzel-Konversionen. Aus Kopten wurden Katholiken. Den Konvertiten richtete Papst Leo XII im Jahr 1824 ein koptisch-katholisches Patriarchat ein, das seit 1895 besetzt ist.

Heute gibt es zwischen 70.000 und 85.000 „unierte bzw. katholische Kopten“, die von 6 Bischöfen geführt werden, die dem katholischen Patriarchen von Alexandrien unterstehen.

Patriarch ist seit 2006 Antonios Naguib (geb. am 18.3.1935).

Hinweis: Mit Rom unierte Kirchen, die aus der Orthodoxie hervorgegangen sind, gibt es noch in Äthiopien, Syrien und Indien (Malankaresen).

IX.  Koptische Kunst

Zur Erinnerung: Mit dem Tod der Königin Kleopatra (Kleopatra VII Philopator, +30 v. C.) endeten in Ägypten das (griechische) Ptolemäerreich und damit die Pharaonenzeit. Ägypten wurde römische Provinz. Mit der Reichsteilung 395 n. C. wurde Ägypten Teil des byzantinischen (ost-römischen) Reiches, das bis 638 n. C.  währte. Im Jahr 640 kamen die arabischen Eroberer und Ägypten wurde Provinz des Kalifenreiches.

Das koptische Kunstschaffen lässt sich in Merkmale der Zeit vom 4. Jh. bis zur arabisch-islamischen Eroberung 640 n. C. und in die Zeit danach unterteilen.

  1. Vom frühen 4. Jahrhundert bis zur arabischen Eroberung 640 n. C.

Zunächst lebten die Christen kulturell in der Tradition von Alexandria, also im Hellenismus und seiner dekorativen Kunst, die auf das Kunstschaffen der Christen überging. Man gestaltete nach griechischem Vorbild, also nach dem, was in Alexandria vorherrschte, einer Stadt, die auch Tor nach Asien war, wo Handel und Kultur blühten. Kennzeichen der alexandrinischen Kunst waren eine Realistik der Darstellung und ein pittoreskes, farbenreiches, malerisches Dekor. Dazu kamen orientalische Einflüsse, in denen sich Ästhetik und Monumentalität mischten.

Das älteste Zeugnis einer eigenständigen christlichen Kunst findet sich in der Architektur und Ausgestaltung von Gräbern, so in den Katakomben von Alexandria und in den Mausoleen der Nekropole von Charga, einer Oasenstadt in der westlichen Wüste.

Aus den Gräbern und Mausoleen erwuchsen im 4. Jh. Grabbasiliken mit Säulen und Wandflächen, die mit Fresken ausgemalt wurden. So in der großen Basilika über dem Grab des hl. Menas, dem ersten sicher datierten christlichen Baudenkmal Ägyptens, erbaut unter Kaiser Arkadios (345 bis 408).

Die in der Wüste lebenden Eremiten des 4. Jh’s wählten oft Gräber aus der Pharaonenzeit als abgeschiedene Wohnstätten, die sie durch bauliche Anfügungen – als Apsiden dienende Nischen – zu Kirchen umwandelten, in denen sie christliche Inschriften und Fresken anbrachten. Aus diesen Mini-Kirchen entwickelten sich allmählich kleine Klöster.

Als diese Kirchen zu klein wurden, richtete man auch Vor-Hallen oder auch das Innere von alt-ägyptischen Tempeln zu Kirchen her, so z. B. in Dendera, Edfu, Esna, Philae (Assuan) und   – vor allem – in Karnak (Luxor), wo die Kirche den gesamten Festtempel von Pharao Thutmosis III (1479 bis 1425 v. C.) einnahm.

Also: Die christliche Kunst der Zeit bis zur islamischen Eroberung war nach hellenistischem Vorbild realistisch und dekorativ. Die Fresken stellten koptische Heilige dar. Die Reliefs zeigten Kreuze und andere christliche Symbole. Dekorative Bildhauerarbeiten betrafen Blattwerk, Blumen, Früchte, Körbe, Vögel, auch Porträts, -oft innerhalb eines geometrischen Dekors (Kreis, Rhombus/Raute). An Friesflächen (=waagerechte Wand-, Säulen-oder Gebälkabschlüsse) wurden Figuren dargestellt von Propheten, Heiligen, Mönchen, Engeln und von der Hl. Jungfrau. In den Apsidenkuppeln erscheint häufig Christus auf einem Wagen mit apokalyptischen Tieren.

  1. Die Zeit ab 642 n. C.

Mit der Herrschaft der Araber über Ägypten (ab 642 n. C.) war das Christentum nicht mehr Staatsreligion; es setzte die Islamisierung des Landes ein. Zunächst noch mit Glaubensfreiheit ausgestattet, gerieten die Kopten gegen Ende des 8. Jh’s zunehmend in kulturelle und religiöse Bedrängnis. Die Kirche verarmte. Die der klassischen griechischen Kultur verbundenen Katholiken unterlagen in den geistigen Auseinandersetzungen zunächst dem Einfluss der Monophysiten.

Das kirchliche Leben im Norden Ägyptens (Unter-Ägypten) zog sich zurück, – weitgehend in Klöster und Einsiedeleien. In Ober-Ägypten (Süden) kam beim Kirchbau der Einfluss von Monophysiten aus Mesopotamien zum Durchbruch. Dies wird an Stuckaturen deutlich und am Grundriss, der basiert auf einem mittleren Kirchenschiff, überdeckt von zwei auf Kreuzrippen ruhenden Kuppeln, und umgeben von mit Tonnengewölben überdachten Seitenschiffen (St. Simeonkloster bei Assuan). Den Bautyp kann man umschreiben als System von parallelen Gewölben auf transversalen Bögen.

Im 12. Jh. entwickelte sich ein neuer Kirchentyp, der sich in ganz Ägypten ausbreitete: der Grundriss wurde rechteckig. Im Inneren grenzten Säulen oder Pfeiler quadratische, von jeweils einer Kuppel überwölbte Raumteile ab. Die Kuppeln konnten sehr zahlreich sein.

Soweit die Betrachtung zur koptischen Kunst im Kirchbau.

Die bildenden Künste, also Bildhauerei und Malerei, erlebten in der Zeit nach der islamischen Eroberung einen völligen Niedergang. Nach dem 8. Jh. verschwanden Skulpturen aus Stein. Mit dem 11. Jh. erlosch die Steinmetzkunst völlig.

Die Malerei – in ikonografischer Hinsicht – auf Fresken lebte zunächst fort. Im 6. Und 7. Jh. entstanden die ältesten Ikonen, das waren Darstellungen von heiligen Gestalten, z. B. von Propheten, Christus, der Gottesmutter, von Aposteln und Heiligen, oder von heiligen Ereignissen, z. B. der Flucht der Heiligen Familie aus Israel nach Ägypten.

Die Ikonenmalerei auf Tafelbildern in Ägypten war bald nicht mehr authentisch; sie geriet unter Fremdeinfluss, u. a. aus Armenien.

Authentisch blieben Holzschnitzereien und Intarsienarbeiten. Ein gutes Beispiel hierfür gibt die Ikonostase der Kirche Abu Sarga (St. Sergius) in Alt-Kairo, (die ich am 17.2.2009 besuchen durfte), die aus sechs geschnitzten Paneelen (Täfelungen der Innenwände) aus dem 11. Jh. besteht.

Die koptischen Kunsthandwerker passten sich seither immer mehr dem arabischen Einfluss an und schufen geometrisch-polygonale Arbeiten, z. B. Arabesken und Kalligrafien.

Mit dem 14. Jh. verschwand die eigenständige koptische Kunst. Keine ihrer Charakteristika reichte fortan aus, sie von der arabisch-islamischen Kunst zu unterscheiden.

Schluss

„Schaut in den Osten!“ oder – nach Baruch 5,5 – „Schau nach Osten und sieh deine Kinder!“, so titelte mein Lehrer in Sachen Orthodoxie (und Cartellbruder im CV), Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll, sein Erlebnis- und Sachbuch, das Ihnen, meine Zuhörer, weitere Hintergrundinformationen zu den Ostkirchen liefern kann.

Dreimal durfte ich mit Prälat Wyrwoll zu den Ostkirchen der Orthodoxie reisen, in die Schnittpunkte altkirchlichen Lebens zwischen Jerusalem, Rom, Antiochia, Ephesus, Korinth, Tarsus, Alexandria und Konstantinopel. So wurde Herr Prälat Dr. Wyrwoll zu einer Persönlichkeit, die mich die christliche Tradition des ganzen Europas in den Blick nehmen ließ.

Ägypten ist zwar nicht mehr Europa, sondern Afrika und Asien (Sinaihalbinsel). Es ist auch nicht primär mehr christlich, sondern islamisch. Aber die Wurzeln des Christentums –  in der Tradition des Evangelisten Markus – liegen auch hier, und nicht nur in Israel, Palästina und Jordanien. – Ich hoffe, dies mit meinem Vortrag vermittelt zu haben, der gleichzeitig ein kleiner Beitrag sein soll, die Begegnung der Gesellschaften und Kulturen zu fördern, wie es das 2. Vatikanische Konzil vorgibt.

In einem Punkt stimme ich Hildesheims Altbischof Dr. Josef Homeyer zu, der im Vorwort zum Buch „Schaut in den Osten“ von Klaus Wyrwoll in der Begegnung, im Austausch , in der Ergänzung zu den geistigen Ideen des Ostens eine säkulare Aufgabe sieht, die Gegenwirkung entfalten kann zu der gegenwärtigen ökonomischen Dominanz im (zunächst) europäischen Einigungsprozess, der die Gefahr beinhaltet, den Blick zu verlieren für die Kultur, den Kult und den Menschen, nicht nur in Europa, sondern auch in den angrenzenden Räumen mit dem nach Westen vehement vordringenden Islam.

Abgeschlossen am 25. 07. 2009; wenige, meist sprachliche Verbesserungen am 07.06.2011.
Dr. Winfrid Ashoff, In der Schratwanne 2, 31141 Hildesheim; Telefon 05121-869555 .

 

Exkurs: Die Entwicklung zur Trennung von Ost- und Westkirche

Eine erste Trennlinie ergab sich, als sich das Römische Reich 395 n. C. unter den Söhnen von Kaiser Theodosius I (347 bis 395) aufspaltete in einen Westteil (mit der Hauptstadt Rom) und in einen Ostteil mit dem oströmischen Kaiser, der in Byzanz – seit Konstantin: Konstantinopel – residierte.

Das weströmische Reich verlor 410 nC gegen die Westgoten und hörte 476 nC endgültig auf zu existieren. Der kulturelle Schwerpunkt verlagerte sich nach Konstantinopel. Das Kulturgefälle kommt auch im unterschiedlichen Sprachgebrauch zum Ausdruck: lateinisch im Westen und griechisch im Osten.

Die Rivalitäten zwischen Rom und Konstantinopel kamen mit dem Konzil von Chalzedon (451) richtig auf, denn Papst Leo d. Gr. lehnte den Kanon 28 dieses Konzils ab, das Konstantinopel im Rang gleich hinter Rom ansiedelte und von gleichen Rechten sprach.  Im Jahr 483 n. C. kam es zum ersten Schisma, das allerdings 519 n. C. behoben wurde. Der byzantinische Kaiser Zenon wollte mit einer Unionsformel die Monophysiten in der Christologiefrage wieder in eine im Glauben geeinte Kirche zurückholen. Patriarch Akakios von Konstantinopel, der dies Ansinnen seines Kaisers unterstützte, wurde dafür von Papst Felix III (II) exkommuniziert. Der Papst, der eindeutig auf der Seite des Konzils von Chalzedon stand, sah den Patriarchen in Gemeinschaft mit den Monophysiten.

Im 6. und 7. Jh. n. C. gab es neue Spannungen, die ebenfalls ausgeglichen werden konnten.

Die Unterschiede eskalierten dann 691/692 in Trullanum (wo gelegen?) auf einer Synode der byzantinischen Kirche. Diese lehnte den Priesterzölibat der römischen Kirche ab, so dass der byzantinische Kaiser Justinian (Regierungszeit:527 bis 565 nC) verfügen konnte – was bis heute gilt -, dass nur orthodoxe Bischöfe, nicht aber orthodoxe Priester, zum Zölibat verpflichtet sind.

Die Entfremdung zwischen Ost und West setzte sich fort, als westgermanische Langobarden gegen Rom drängten und Papst Stephan II (752 bis 757 nC) beim byzantinischen Kaiser um Hilfe nachsuchte, die nicht kam. Dem römischen Papst half sodann im Jahr 754 nC der fränkische Hausmeier Pippin III,der Jüngere (Sohn von Karl Martell und Vater von Karl d.Gr.), der die Langobardengefahr kurzfristig bannte. Schon bald musste Papst Hadrian II (772 bis 795), diesmal bei Karl d. Gr., gegen die Langobarden erneut Hilfe suchen. So wurde Karl d. Gr. zum Verbündeten der Päpste und am 25. 12. 800 in Rom von Papst Leo III zum römischen Kaiser gekrönt. Jetzt standen Kaisertum und Kirche im Verbund nebeneinander.  Im Osten (Konstantinopel) sah man hierin einen Abfall von der Tradition. Römischer Kaiser und römische Kirche waren für Byzanz jetzt eine Einheit. Zwei Kaiser in einem römischen Reich wollte man nicht dulden. Gleichwohl konnte auch jetzt die drohende Kirchenspaltung noch einmal geheilt werden.

Der nächste „Knall“ folgte. In Konstantinopel hatte der Kaiser den Patriarchen Ignatios abgesetzt. Sein Nachfolger, Patriarch Photios, hatte gegen die Anhänger des abgesetzten Patriarchen (Ignatios) zu streiten. Der römische Papst Nikolaus I (858 bis 867) mischte sich in die zunächst rein byzantinische Angelegenheit ein und setzte 863 Photios ab. Dieser revanchierte sich und exkommunizierte 867 den römischen Papst. Es war in der Geschichte von West und Ost das 4. Schisma, das sich vertiefte, als das kurz zuvor missionierte Bulgarien nicht der Jurisdiktion des Papstes unterstellt, sondern orthodox wurde unter dem byzantinischen Patriarchen.

Der Streit zwischen Papst Nikolaus I und Patriarch Photios setzte sich fort in der Frage des „filioque“. Die lateinische Kirche lehrte (mit Bezug auf die Synode von Toledo (589), dass der Heilige Geist aus Vater und Sohn hervorgeht, während die Byzantiner die Ursache für den Hervorgang des Heiligen Geistes nur dem Vater zuschreiben.

Auch das sog. „Schisma des Photios“ konnte 877 geheilt werden, als dieser den Nachfolger des von ihm exkommunizierten Papstes Nikolaus, nämlich Papst Johannes VIII (872 bis 882), als Papst anerkannte.

Zu einem schweren Bruch zwischen Rom und Konstantinopel (lateinischer und orthodoxer Kirche), kam es im Jahr 1054 n. C.

In der Literatur (z. B. Michael Buchberger, Professor für Kirchengeschichte in Regensburg und später dort Bischof, in: Kirchliches Handlexikon, 1907/1912) sowie zuletzt in einem Vortrag anlässlich des Jahresempfangs der Hannoverschen Landeskirche am 28. 5. 2008 in der Hildesheimer Michaeliskirche stellte die Landesbischöfin Frau Dr. Margot Käßmann heraus: „1054 vollzog sich die große Spaltung zwischen Ost- und Westkirche, die bis heute die Christenheit und durchaus auch Europa prägt.“  Was war geschehen?

Die Gründe für den Krach waren mehr politischer als theologischer Natur. Diesmal waren es die nordgermanischen Normannen, die um 1050 Italien und den Kirchenstaat bedrohten. Der Papst strebte auf Initiative von Argyros, dem Statthalter (Botschafter) des byzantinischen Kaisers in Italien, ein Bündnis mit dem deutschen Kaiser und den Byzantinern gegen die Normannen an. Der byzantinische Kaiser war für diesen Vorschlag, der Patriarch Michael Kerullarios von Konstantinopel war dagegen, weil er um seine Selbstständigkeit gegenüber dem Papst fürchtete und den Argyros hasste (weil dieser ein Katholik des lateinischen Ritus war). Patriarch Kerullarios hetzte in polemischen Schriften gegen Rom. Der lateinische Kardinal Humbert verfasste Gegenschriften und drohte Kerullarios die Exkommunikation an.

Theologisch ging es um 3 Dinge:

  1. den Primat des Papstes (der Patriarch lehnte die Oberhoheit des Papstes ab),
  2. das „filioque“ (der Patriarch verwarf die lateinische Lehre, wonach der Heilige Geist von Vater und Sohn ausgeht),
  3. die sog. Azymen (der Patriarch erklärte die heilige Messe im römischen Ritus für ungültig,

weil die Lateiner ungesäuerte Hostien als eucharistisches Brot verwendeten statt mit Sauerteig gebackenes Brot).

Der Krieg gegen die Normannen ging für Italien verloren. Umso dringlicher sollte dem angestrebten Friedensabschluss der orthodoxe Patriarch zustimmen. Der Kardinal Humbert reiste deswegen zu Kerullarios. Die beiden Hitzköpfe gerieten aneinander und haben sich im Juli 1054 in der Hagia Sophia in Konstantinopel gegenseitig exkommuniziert.

Wichtig für die heutigen Bewertungen und Bemühungen um Ökumene ist:

Die beiden Hitzköpfe Humbert und Kerullarios haben sich als zwei Personen gegenseitig exkommuniziert. Diese Exkommunikationen betrafen nicht die gesamte byzantinische oder die gesamte römische Kirche. Die kirchenrechtliche Gültigkeit der beiden gegenseitigen Exkommunikationen bleibt auch deshalb umstritten, weil es keine Bestätigung durch den römischen Papst gab. Papst Leo IX war im April 1054, also ¼ Jahr vor diesem Ereignis, gestorben und ein Nachfolger war noch nicht gewählt.

Das II. Vatikanum (1962-65) beschäftigte sich mit den ausgesprochenen Exkommunikationen von 1054 und stellte fest: es haben sich zwei Einzelpersonen in Bann gesprochen ohne Wirkung auf die Kirchen gegeneinander. Da die von Kardinal Humbert ausgesprochene Exkommunikation nach katholischem Kirchenrecht ungültig war, brauchte sie auch nicht „ex officio“ vom Zweiten Vatikanichen Konzil (1962-65) aufgehoben werden.

Es scheiterten die Versöhnungsversuche von Patriarch Petros von Antiochien oder von Papst Gregor VII (1073 bis 1085). Auch im 11. und 12. Jh. wurden Unionsgespräche geführt. Alle scheiterten am Primatsverständnis.

Exkurs:  Schismen in der Kirche

(=Trennung, Scheidung) hat es schon immer gegeben, weil die Christenheit von alters her Unstimmigkeiten und Grenzziehungen als Schisma bezeichnete. Immer wieder warfen „Protestierende“ in Ost und West ihrer jeweiligen Kirche vor, sie sei Christi Wort untreu geworden. Das Gefühl für die Gemeinsamkeit der „allgemeinen“ Kirche ging dabei verloren.

In Konstantinopel z. B. herrschte seit Mai des Jahres 330, als Kaiser Konstantin die Hauptstadt des Römischen Reiches an den Bosporus verlegte, der Kaiser als Stellvertreter Christi. Weil er in seinem Reich der oberste Kirchenführer war, spalteten sich viele große Kirchen ab, die unter anderen Herrschern standen, z. B. die Armenier in Persien, die Kopten in Ägypten, die Syrer usw.

Oft wurden unterschiedliche Frömmigkeits- und Glaubenstraditionen der jeweiligen Seiten bereits für Glaubensunterschiede gehalten. Beispiele sind die Eucharistie-Verehrung der Katholiken – unverständlich für Orthodoxe und Protestanten -, denen eine Ikonenverehrung der Orthodoxen gegenübersteht   – weniger verständlich für Katholiken.

Die Protestanten der Reformation warfen Rom vor, bestimmte Traditionen nicht richtig überliefert zu haben, z. B. die Heiligenverehrung. Sie haben deshalb weniger Tradition, nicht eine andere Tradition, z. B. nur zwei statt sieben Sakramente. Man bezeichnet heute den Anschlag der 95 Thesen Martin Luthers am 31. Oktober 1517 an der Wittenberger Schlosskirche nicht als Schisma; es war ein Bruch, eine Nicht-mehr-Anerkennung der Einen-Kirche. Heute denkt man im Protestantismus wieder etwas anders, was zu interpretieren ist aus dem Evangelischen Erwachsenenkatechismus von 1989, in dem es auf Seite 908 heißt: „Ein Dienst an der Einheit der Gesamtkirche entspricht nach lutherischem Verständnis dem Willen des Herrn. Auch für die lutherische Kirche …… schließt die Hoffnung auf volle Gemeinschaft die Hoffnung auf ein Papsttum unter dem Evangelium im Rahmen der Erneuerung aller unserer Kirchen ein.“

In den Jahren 1729 und 1755 kam es zu weiteren „offiziell“ schwerwiegenden Brüchen zwischen Ost- und Westkirche. Ich spreche bewusst von „Brüchen“, um das falsche Wort „Schisma“ zu vermeiden, denn sowohl Protestanten als auch Orthodoxe sind und bleiben Teile (Glieder) der einen allgemeinen Kirche.

Im Jahr 1729 war strittig, ob Sakramente von Kirchen außerhalb der Einheit mit Rom erlaubt gespendet werden durften. Dass sie gültig gespendet wurden, daran bestand seit dem Konzil von Trient (1545 – 1563) kein Zweifel. Gleichwohl entschied in diesem Streit die römische „propaganda fide“ (Kongregation für die Glaubensverbreitung), dass alle diejenigen (Orthodoxen) aus der Kirche ausgeschlossen sind, die die „communicatio in sacris“ (Sakramentenspendung) vornehmen, die zwar den rechten Glauben haben, aber nicht die moderne Form des Papsttums anerkennen. –  Im Gegenzug erklärten im Juli 1755 die Patriarchen von Konstantinopel, Alexandria und Jerusalem in Konstantinopel gemeinsam: „Wir, die wir durch Gottes Gnade in der orthodoxen Kirche aufwuchsen, … nur die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche anerkennen, aber die Sakramente der Häretiker (gemeint sind die Lateiner) als verkehrt ansehen, wir verwerfen die Sakramente der Häretiker in gemeinsamem Beschluss . Wir nehmen die Konvertiten, die zu uns kommen, als Ungetaufte auf.“ Nie zuvor in der Kirchengeschichte hat es größere Verurteilungen zwischen den griechischen (byzantinischen) und lateinischen Kirchen gegeben.

Angesichts dieser schweren Auseinandersetzung zwischen zwei Kirchen ist mit Blick auf den persönlichen Streit zwischen dem römischen Kardinal Humbert und dem Patriarchen Kerullarios von Konstantinopel, der als das sog. „Schisma (=Spaltung) von 1054“ bezeichnet wird, zu folgern, dass letzteres in seiner Bedeutsamkeit quasi belanglos ist gegenüber den Ereignissen von 1729 und 1755 sowie dem Wittenberger Thesenanschlag von 1517. Mit diesen Vergleichen soll der(„hochgestochene“) Ausdruck „Schisma 1054“ auf sein eigentliches Maß hin zurückgestutzt und inhaltlich als Mythos entzaubert werden.  

Zwischen Ende des 11. und Ende des 13. Jahrhunderts gab es die Kreuzzüge. Einzelne Kreuzfahrerfürsten sahen im byzantinischen Kaiser ein Hindernis auf dem Weg zur Macht im Orient. Die italienischen Handelsstädte (Venedig, Florenz, Siena, Pisa) sahen in der Kaiserstadt am Bosporus einen unliebsamen Konkurrenten. So wurde Konstantinopel im Jahr 1204 von Kreuzfahrern unter der Führung des Dogen Enrico Dandolo aus Venedig erobert. Es gab ein Gemetzel mit Plünderungen unter Christen (Lateiner) gegen Christen (Orthodoxe), in deren Folge der byzantinische Kaiser und der griechisch-orthodoxe Patriarch vertrieben wurden. – Noch heute wirkt dies Ereignis belastend auf das ökumenische Gespräch zwischen orthodoxer und römisch-katholischer Kirche.

Unionsversuche in den Jahrhunderten nach 1204 – z. B. das Unionskonzil von Florenz in den Jahren 1439 bis 1442 – scheiterten. Über den päpstlichen Primat und das „filioque“ gab es keine Einigung.

Inzwischen rückten moslemisch-osmanische Sultane gegen Konstantinopel vor. Die Orthodoxen waren in ihrem Hass gegen die Lateiner inzwischen soweit, dass sie die Konzilsväter von Florenz (1439) als Verräter beschimpften. Die Abneigung gipfelte in dem Slogan: „Lieber den Turban als die Mitra“. Dieser „Wunsch“ ging am 22. Mai 1453 in Erfüllung, denn die Türken unter Sultan Mehmet II eroberten Konstantinopel und setzten sich nicht nur hier fest, sondern für 400 Jahre auch in Griechenland und auf dem Balkan. – Nach den Befreiungskriegen entstanden hier neue eigenständige (=sog. autokephale) orthodoxe Nationalkirchen mit einem Patriarchen, Erzbischof oder Metropoliten an der Spitze. Diese alle sehen – quasi in pan-orthodoxer „Harmonie“ –   in dem griechisch-orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel (seit 1991:  Bartholomäus I, Erzbischof von Konstantinopel) eine Art „Ehren-Primas“ der gesamten Orthodoxie. Das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel sieht sich (2009) noch immer wegen der vom türkischen Staat seit 38 Jahren veranlassten Schließung seines Priesterseminars in seiner Existenz bedroht.

Ein neu zu wählender Patriarch darf nach türkischen Vorschriften nur von einem türkischen Staatsbürger bekleidet werden. Von 15 Geistlichen, die in der gesamten Kirche für das Amt überhaupt infrage kommen, sind 11 bereits über 70 Jahre alt. Von der Regierung in Ankara wurden im Sommer 2009 Verhandlungen mit dem Ökumenischen Patriarchat angekündigt, weil man angabegemäß ein konsensfähiges Modell für die Wiedereröffnung des Seminars gefunden hat.

Quellen:

  1. Eindrücke des Referenten aus einer Begegnung (nach Tauffeier und Gottesdienst) am 20.11.1994 mit Papst Shenouda III, geistliches Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche und Patriarch auf dem Stuhl des Hl. Markus (Kairo), 117. Nachfolger des Heiligen und Evangelisten, zusammen mit einer Pilgergruppe des Bistums Hildesheim unter der Leitung von Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll, Direktor des Ostkirchlichen Instituts der Deutschen Bischofskonferenz (Regensburg) in der griechisch-orthodoxen Bischofskirche von Metropolit Chrysanthos in Limassol/Zypern.
  2. Diskussion am 11.2.2009 mit Abt Benyamin und der kleinen Reisegruppe des Referenten im koptischen Pauluskloster in der Gebirgswüste (Wadi Deir) des östlichen Ägypten am Roten Meer (Golf von Suez). Dies Kloster aus dem 4. Jh. nC ist (neben dem etwas nördlicher gelegenen koptischen Antoniuskloster) das älteste Kloster der Christenheit. Der Abt führte durch die Klosteranlage, wobei er und der Referent feststellten, dass sie beide der Begegnung mit Papst Shenouda III im November 1994 in Limassol beigewohnt hatten, als der heutige Abt Benyamin noch koptischer Pfarrer auf Zypern war. Die Überraschung hatte zur Folge, dass die Reisegruppe auch eine echte Arm-Reliquie des Hl. Markus sehen durfte, die aus dem Markusdom in Venedig stammt und den Kopten im Jahr 1968 vom röm.-kath. Papst Paul VI zurückgegeben worden war.
  3. Besuch am 9. 2. 2009 in der (neuen) koptischen Kathedrale in Luxor/Ägypten mit Studium zur L’Eglise Copte Orthodoxe in dort ausliegenden Informationsblättern
  4. Eindrücke von einem Besuch am 17.2.2009 in der koptischen Kirche Abu Sarga ((St. Sergius) in der Medina von Kairo, wo – nach der Legende – die Heilige Familie auf der Flucht (vor Herodes) nach Ägypten einen Monat gewohnt haben soll.
  5. Algermissen, Konrad, Dr., Professor der Theologie: Kirchengeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, Verlag Joseph Giesel, 2. Auflage, Celle 1956
  6. Baedekers Allianz-Reiseführer: Ägypten, Texte von M. Baumgarten, Prof. Dr. H.D. Haas und Prof. Dr. W. Hassenpflug: Verlag Karl Baedeker, 5. Auflage, Ostfildern bei Stuttgart 1992
  7. Die Bibel, Einheitsübersetzung, Altes und Neues Testament, Verlag Herder, Freiburg 1980
  8. Gabbauer, Ferdinand, Pater (OSB) Dr. Dr.: Die Ostkirchen – Einheit und Vielfalt in der Kirche; Ökumenische Informationen (ÖKI) der Kath. Nachrichtenagentur (KNA), Nummern 16/17, 23/24 und 27 vom 11.4.1995, 30.5.1995 und 27.6.1995
  9. Melchers, Erna und Hans, Das große Buch der Heiligen, Südwest-Verlag München (Lizenzausgabe für den Borromäusverein Bonn) 1978
  10. Welt und Umwelt der Bibel: Entlang der Seidenstraße, das Christentum auf dem Weg nach Osten, Verlag Kath. Bibelwerk e. V., Stuttgart, Sonderheft 2002
  11. de; Freie Online-Enzyklopädie (Wechseln zu Navigation, dann: Suche)
  12. Wyrwoll, Klaus, Dr. (Hrsg): Schaut in den Osten, Bernward-Verlag, Hildesheim 1993 (Hinweis: Der Referent wird in diesem Buch ausgewiesen als Teilnehmer von 3 Pilgerreisen zur Orthodoxie mit Prälat Dr. K. Wyrwoll nach Moskau (November 1991), Istanbul (Aug./Sept. 1992) und Zypern (November 1994).
  13. Wyrwoll, Klaus, Dr.: 2000 sind die Christen einig, Vortrag am 4.2.1998 in Hannover als Geistlicher Beirat der Diözesangruppe Hildesheim des Bund Katholischer Unternehmer (BKU)
  14. Wyrwoll, Klaus, Dr. (Direktor des Ostkirchlichen Instituts der DBK, Regensburg) : Gedanken- und Schriftenaustausch über den Inhalt der vorliegenden Arbeit im Juli 2009 mit dem Referenten.

Der Referent,

Ashoff, Winfrid, Dr. rer. pol., geboren 1938 in Essen/Ruhr.

Studium der Wirtschafts-, Rechts- und Staatswissenschaften in Köln und München. Diplom-Kaufmann. Promotion an der Universität Münster /Westfalen. 1970 Direktor der Commerzbank und Filialleiter in Rheine/Münsterland. 1988 Finanzdirektor des Bistums Hildesheim. Seit 1998 ebenda im Ruhestand. Verheiratet, 4 erwachsene Töchter. Globetrotter auf den Spuren der Weltreligionen, der biblischen Archäologie und vergangener Hoch-Kulturen. Vorträge hierüber an vielen Orten.